Audi 80 quattro – als 4 Zylinder heute ein bezahlbares Vergnügen

Die Geschichte des Quattroantriebes ist der geschätzen Leserschaft vermutlich hinlänglich bekannt: 1980 kam der berühmte Urquattro und im Modelljahr 1983 folgte der 80 quattro 5E für den familienfreundlicheren Geldbeutel. Nachfolger dieses bürgerlichen Allraders war 1985 der Audi 90 quattro. Alle genannten Modelle kosten heute in brauchbarem und sammlungsfähigem Zustand ein erkleckliches Sümmchen. Alle? Nein, es gibt da ein fast vergessenes Nischenmodell, das eckigen Quattrospass bis heute bezahlbar macht: der Audi 80 quattro „Facelift“ mit dem 1.8 Vergaser Vierzylinder. Heute fast vergessen, da die meisten Audi 80 mit Frontantrieb verkauft wurden.

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Hat der Autor Vierzylinder gesagt? Viele sogenannte Audienthusiasten werden sich jetzt entsetzt abwenden. Schliesslich erklären sie jedem der es hören will (oder auch nicht…) das echte klassische Audis immer über 5 Zylinder verfügen müssen. Der Autor erlaubt sich aber als ehemaliger Urquattro-, 100 S4, 100 5E, Coupé GT und 200 5T-Besitzer eine solch frevlerische Aussage. 🙂 Klar, der legendäre Fünfzylinder bietet Fahrspass, tollen Sound und langlebig ist er sowieso. Das heisst aber nicht, dass ein Vierzylinder hinter dem Vierringegrill keinen Spass machen kann. Man muss sich nur von der Vorstellung verabschieden, beim Beschleunigen müsse es zwingend nach dem Stakkato von Michèle Mouton oder Herrn Röhrl klingen. Der erwähnte Audi 80 quattro 5E (1983-1984) sowie der Nachfolger 90 quattro (1985-1986) mit dem grossen Motor benützen die gleiche Karosserie. Sie unterscheidet das Leistungs- und Motorsoundplus, die bessere Ausstattung innen wie aussen, ein höherer Verbrauch und ein mittlerweile viel höherer Anschaffungspreis. Der „5E“ rockt definitiv mehr, das gebe ich zu, der „4S“ ist eher der biedere deutsche Schlager, keine Sensation, aber vertraut, zuverlässig und immer für Dich da. Haben nicht auch die aussterbenden Grund- und Nischenmodelle einen Platz in unseren Herzen verdient?

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Vielleicht passt Peter Maffay besser in den Fünfzylinder? 🙂

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Der Audi 90 hätte als Quattro ein schickes zweiflutiges Endrohr. Oft bei den Audi 80 nachgerüstet wurde die farbige Mittelblende des Audi 90, welche aber meines Erachtens besser zu seinem Auftritt und seinen Metalliclacken passt als zu einem biederen Audi 80. Der Fotowagen hat „immerhin“ die schwarze Mittelblende, die Basis mit Frontantrieb bietet zwischen den Rückleuchten nur lackiertes Blech.

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Die aerodynamischen Radkappen galten mal als schick, heute lassen sie den kleinen Achziger noch zierlicher wirken. Aber der Schein trügt, mit diesem 90 PS Auto ist man immer noch zügiger auf jedem Alpenpass als geschätzt 95% der TDI-Fahrer. Die kämpfen mehr mit dem hohen Eigengewicht, der Breite ihres Wagens, dem ESP und oft mit ihren Fahrkünsten in Kurven, als das ihnen ihr aufgeladener Heizölmotor Vorteile bringen könnte.

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Die Heizung der alten Audi ist phänomenal und bis heute unerreicht. Die Füsse sind warm, die Frontscheibe frei und der Kopf kühl dank der Frischluftdüse in der Mitte des Armaturenbretts. Ich fuhr mit Töchterchen in der Dunkelheit über einen verschneiten Pass Richtung Heimat. Der Ton der warmen Kassettenklänge, das prasselnde Kaminfeuer im Handschuhfach (hier zitiere ich einen weitaus begabteren Kollegen, wie er das Fahrgefühl des Mercedes W123 beschrieb) und die Spurtreue, das ist ein kleines Stück automobiles Glück. Das kann kein Fünfzylinder besser, nur teurer.

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Auch dass das Radio aus einem Opel stammt, trübt die Freude nicht wesentlich. Betreffend Allradantrieb ist alles an Bord, der Wagen verfügt über zwei manuelle Sperren, welche Limousine bietet das noch heute?

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Der Kofferraum bietet Platz für die ganze Familie. Das und die viel weniger starke Aufheizung des Innenraumes sind grosse Vorteile gegenüber dem Nachfolger „Typ89“. Dieser trumpft dafür mit einer vollverzinkten Karosserie auf, deren Rostbeständigkeit bis heute fast unerreicht blieb.

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Ein Fundstück aus dem Auto, Schweizern ist die SKA (heute Crédit Suisse) noch als Kultmarke bekannt.

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Wer bietet diesem seltenen und erhaltenswerten Audi ein neues Zuhause? Er ist zu verkaufen, allerdings nicht an die „tiefer-breiter-härter-Fraktion“ und ebenfalls nicht an die „ich-bau-mir-einen-Sportquattro-Fraktion“. Nach Bayern kommt er nur an Leute mit Leumundszeugnis, das Auto zu pflegen und keine Kontakte in die Stockcarszene zu haben. 😉 Er braucht einen grossen Service, neue Reifen, der Frontscheibenrahmen muss saniert werden, ebenso die Fahrertür und einzelne aber sehr überschaubare Rostansätze. Mein Audi 80 quattro war bei Übernahme in einem deutlich schlechteren Zustand. Der Rest ist Kosmetik. Der Motor springt gut an, läuft ruhig und beschleunigt ruckfrei. Realistische Angebote (nicht 500 Mark, nicht 5000E und kein Leasing, Ratenzahlungen etc.) gerne an marc/punkt/rudin/ät/gmx.net 🙂

— verkauft! —

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2 Gedanken zu “Audi 80 quattro – als 4 Zylinder heute ein bezahlbares Vergnügen

  1. Ein schöner Bericht, danke dafür! Ich hatte etliche Jahre das Vergnügen, einen frontgetriebenen 86er Audi 80 GTE mit dem 110 PS-Vierzylinder zu besitzen. Die Formgebung, der Motor und die teilverzinkte Karosserie waren aus meiner Sicht die Highlights dieses Autos. Der Nachfolger war ein W123 230 E, der unter anderem mit der Qualität des Innenraumes überzeugte. Das war schon eine andere Nummer als beim Audi, weswegen das Zitat von Christian Steiger mit dem „prasselnden Kaminfeuer im Handschuhfach“ aus meiner Sicht noch besser auf den W123 als auf den Typ 81 passt. Dafür hatte der W123 die typischen Rostprobleme, die der Audi gar nicht kannte.

    Grüße
    Frank

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    • Hallo Frank

      Danke für Deinen Kommentar. Ich schliesse mich Dir an, ich durfte mal einige Wochen einen 83er GTE ausleihen. Sportliche Fahrleistungen gepaart mit einem sehr tiefen Verbrauch. Für mich war der GTE immer der edlere GTI. Ja der W123 ist wirklich eine Burg, dagegen ist der Typ81 ein Kartenhaus, da muss ich Dir recht geben. 🙂 Aber was für mich beide verbindet, ist diese wohlig-warme Heizluft, das Fahrwerk mit den dünnen Reifen, das jeden Regenguss locker wegsteckt und Dir das Gefühl vermittelt, in Abrahams Schoss durch Unwetter heimzukommen. 🙂 Dieses Gefühl fehlt mir bei neueren Autos oft, dazu muss man mit den Breitreifen höllisch aufpassen wenn Wasser auf der Strasse liegt.

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