Wer 1964 ein Pontiac Bonneville Sports Coupe fuhr, hatte schon einiges richtig gemacht. Mindestens materiell. «top-of-the-line» und «ultimate luxury» waren die Attribute, welche mindestens die hauseigenen Werbeabteilungen den Riesen aus Detroit zusprachen. Um den stolzen Besitzer nie in die Verlegenheit zu bringen, sich nicht mehr an den Namen des Modells zu erinnern: an nicht weniger als sechs Stellen prangt der Bonneville-Schriftzug.

Sports Coupe oben rechts
Aber die Sache mit dem Luxus hatte schon etwas. Schaut man einem Bonneville und einer Chevelle unter das Blech, kommen da schon Unterschiede zu Tage. Und beim Fahren hört und spürt man das gewisse Etwas. Gravitas. Ein Komma acht Tonnen. Und fünf Meter und achtundfünfzig Zentimeter, um genau zu sein. Das waren schon 1964 Gardemasse, heute sprengen sie jeden Rahmen und erklären, wieso die «fullsize» Amerikaner hierzulande so selten sind. Respektive, wieso die «muscle cars» so viel häufiger sind.
Der halbe Meter in der Länge und einige Zentimeter in der Breite entscheiden über Platz oder nicht Platz in der heimischen Garage oder Box. Von öffentlichen Parkplätzen ganz zu schweigen. Interessanterweise, aber nicht überraschend, gibt es die «big boats», die ihren rassigen Cousins in Sachen Leistung in nichts nachstehen, in Skandinavien in Hülle und Fülle. Womit wir bei einem dramaturgischen Highlight dieser Geschichte sind, genauer gesagt in Mellerud, einem kleinen Ort am Riksväg 45 in Schweden. Nicht weniger als drei auf US-Importe spezialisierte Händler gibt es dort, zwei davon seit Jahrzehnten. Vor einigen Jahren bauten AS Cars ihr Showroom direkt neben der Strasse und auf den Reisen von und zu unserem Haus in Schweden fahren wir dort mehrmals pro Jahr vorbei. Der «Aficionado» erkennt das Gefahrenpotential.
Alte Liebe rostet nicht – oder alter Rost liebt nicht? Oder so
Die Chevelle hatte eigentlich nichts falsch gemacht. Ok, sie war mitunter recht zickig, aber sie war eines der wohl schönsten Autos, und in Aztec Bronze unwiderstehlich. Dennoch entschied ich mich, sie nach fünf Jahren zu verkaufen. Und dann? Wieder etwas mit vier Zylindern, oder wenigstens sechs? Vielleicht. Ich schaute mich in der Schweiz um und da gab es schon einiges, was mich hätte interessieren können. Meine Streifzüge durch die Weiten des Internets brachte mich auch nach Mellerud. Und dort sah ich einige Leckerbissen. Ein auf den ersten Blick wunderschönes Buick Wildcat-Cabrio aus 1968 und so weiter. Und ein weisses Pontiac Bonneville Coupé. Weiss? Ja, wieso eigentlich nicht, der Volvo (a.k.a «Weisser Riese») war schliesslich auch weiss.

Schwarz auf weiss, sozusagen
Und mit schwarzem Interieur. Aber alles Fullsize-Schlitten. Wie gross war unsere Garage gleich nochmal? Also Massband raus. Und gemessen. Und nochmal gemessen. Und, um sicher zu sein, nochmal. Ich musste meiner Frau schwören, das Debakel mit der «Nordkapp», unserem damaligen Boot in Schweden, nicht zu wiederholen: kein Problem in Länge und Breite. Aber ehrlich, wer denkt schon an die Höhe? Ok. Länge war gut, Breite auch und Höhe sowieso. Aber ein Auto aus Schweden in die Schweiz holen? Die Chevelle hatten wir aus den USA direkt importiert, das wollte ich nicht noch einmal machen. Vorab telefonierte ich einige Male mit Gunnar, dem Firmeninhaber. Auf der nächsten Reise machten wir bei ihm Halt und schauten drei Autos an. Die ersten zwei hätten unsere Behörden in Angst und Schrecken versetzt und die Zulassung höchstens mit einem Riesenaufwand erhalten. In Schweden gelten bei Autos älter als fünfzig Jahren recht lockere Massstäbe. Und man muss das Auto nur noch einmal durch den TÜV bringen und steuerfrei sind sie auch. Als hätte Gunnar das geahnt – er hatte schon verschiedentlich Autos in die Schweiz geliefert – stellte er den Pontiac, der etwa ein Jahr zuvor aus Kalifornien kam, etwas Abseits in eine separate Halle. Ein «California Black Plate»-Auto (leider waren die Schilder beim Import verloren gegangen). Die Zulassung in Schweden war problemlos, nachdem die Bremsen revidiert wurden. Wir beäugten das Gefährt aus allen Winkeln und was wir sahen, gefiel uns. Endlich einmal ein Auto mit einem «nackten» Unterboden. Kein Tectyl, keine Schweissnähte, null Rost.

Rostfrei und ungeschweisst. Die Haltebänder des Benzintanks habe ich ersetzt
Und auch sonst nirgends Rost. So weit so gut. Auch das Anlassen des 389er war kein Problem. Ok, etwas Kühlwasser lag oberhalb der Wasserpumpe und ein hartnäckiges Ventilklackern war suboptimal. Und dass jemand dem Motorraum ein «detailing» verpasst hatte, war schlecht: Der Motor und viele Teile, welche ihm nahe waren, hatte jemand mit einem dem Originalton nachempfundenen Farbton eingesprüht. Und leider bekam «snowwhite» auch eine neue Lackierung: «A ten foot paint job», also hübsch aus drei Metern. Das hätten sie besser bleiben lassen. Im Innern war alles heil und komplett original. Und so etwas wiegt bei mir schwer. Mit vielen Eindrücken im Gepäck legten wir die restliche Strecke zum Ferienhaus zurück.

Lenken nach Prinzip „WYSIWYG“: What you see is what you get. Wo du kein Auto siehst, ist es fertig. Die senkrechte Front macht Garageneinfahrten zum Kinderspiel. Für die Mutigen
Über den Preis wurden wir uns in der Folge rasch einig und Gunnar versprach, einen günstigen Transport in die Schweiz zu organisieren. Klar hätten Forumskollege Marc und ich das Schiff gerne unter eigenem Dampf überführt. Es war aber Winter und ohne den Wagen zu kennen, wollte ich uns so einen Trip nicht zumuten. Ich hatte vorab mit dem Strassenverkehrsamt (Zulassungsstelle) in Schaffhausen abgeklärt, ob die Zulassung des Pontiac prinzipiell (und mit vertretbarem Aufwand) möglich war. Ich kam zum Schluss, dass dem so war. Dann noch einen Zollagenten beauftragt und am 16. Februar 2022, genau zu meinem Geburtstag, wurde die «landyacht» geliefert. Beim Abladen hatte der Chauffeur alle Mühe, den Motor zum Laufen zu bringen und bei den dunklen Wolken aus dem Auspuff sah ich schon viele Batzen den Bach runter gehen. War dann aber halb so schlimm, wobei sich die Sache mit dem Starten durchziehen sollte.
Es kommt ein Schiff, gefahren – auf dem Hänger

Happy Birthday!
Gut 1’250 Kilometer hatte der Pontiac auf dem Autotransporter gestanden und das hatte Spuren hinterlassen. Also erst einmal gut waschen. Schon besser. Und so ging es dann Schritt um Schritt weiter. Spannend war der Blick ins Handschuhfach, welches so einiges Preis gab. Richtig cool war eine Hasenpfote – offenbar hatte der Talisman gewirkt. Zur Abklärung, was für die Zulassung in Sachen Hardware alles zu machen war, wandte ich mich einmal mehr vertrauensvoll an die Klassikerwerkstatt. Mit Robin einigte ich mich darauf, welche Teile zu ersetzen seien und er gab mir Tips, was ich selber noch tun sollte. Wir konzentrierten uns auf die Vorderachse, wo Querlenkerbuchsen und Teile des Lenkgestänges ersetzt werden mussten, samt neuer Bremsschläuche. Alles in allem nichts Dramatisches. Einzig das schwierige Startverhalten und die unwillige Gasannahme blieben hartnäckig. Die ersten paar Monate fuhr ich noch mit den schwedischen Schildern, was mit dem Gesetz vereinbar ist, zudem hatte ich den Wagen versichert und verzollt. Der Termin beim Amt war am 10. Juni 2022 und der Pontiac bekam viel Aufmerksamkeit und die Prüfer hatten auch ihre Freude. Man sähe sich dann in sechs Jahren wieder und so wurde der Bonneville ohne Tadel ins Schweizer Register aufgenommen. Dem Personal des Strassenverkehrsamtes winde ich übrigens gern ein Kränzchen: dank einiger Extrameilen in Form vertieften Aktenstudiums blieb mir erheblicher Aufwand erspart. Merci!
Vom Groben zum Feinen
Nur weil der Trumm lief und sofort zugelassen wurde hiess nicht, dass es nichts zu tun gegeben hätte. Per Saldo stellte ich mir eine armlange Liste mit Arbeiten zusammen und den Dingen, welche ich dazu brauchte. Das reichte vom Ersatz der von der kalifornischen Sonne aufgelösten Türgummis über Wischwasserbehälter und Kühlwasserschlauch und Scheinwerfer («sealed beam», natürlich). Den grössten Aufwand verursachte das Putzen. Der gesamte Motorblock und die Vorderachse waren mit üblem Schmodder bedeckt. Ein kleines Leck in einem Ölkühlerschlauch hatte zusammen mit Strassenstaub alles mit einer dicken Schicht überzogen. Das musste runter. Das Ventilklackern war nach einem Ölwechsel deutlich weniger zu hören aber immer noch da. Also Ventildeckel rechts weg und nachsehen, was da wohl war. Ich staunte nicht schlecht als ich sah, dass einer der Ventilkipphebel ein Loch hatte – wo keines sein sollte.

Hier hat der Kipphebel zigtausend Mal unkontrolliert draufgehauen…

Das Loch rechts dürfte nicht sein…
Der Hydrostössel musste über eine sehr lange Zeit geklemmt haben, wodurch der Kipphebel ausser Takt auf die Ventilfeder geschlagen wurde. Hoffentlich hatten das Ventil und der Zylinder keinen Schaden genommen! Zum Glück nicht, wie der Blick in den Brennraum per Endoskop zeigen sollte. Der Blick auf die Ventile offenbarte auch, dass das Konzept des Ölwechsels eher salopp gehandhabt wurde. Alles war mit verfestigtem Ölschlamm überzogen.

Öl, auf dem Weg, zum zweiten Mal Fossil zu werden
Da ich die Zylinderköpfe zu dem Zeitpunkt nicht abnehmen wollte, entschied ich, nur die gröbsten losen Fetzen wegzumachen, um nicht die feinen Ölkanäle zu verstopfen. Bisher hat sich dies bewährt. Der Kipphebel ist übrigens ausgetauscht und alle acht Zylinder weisen ähnliche Druckwerte auf, wie der Kompressionstest ergab. Das heisst, die Ventile des Zylinders mit dem defekten Kipphebel schliessen sauber und die Kolbenringe sind dicht. Pontiac war ja bekannt für robuste und langlebige Motoren und dieser lieferte den Tatbeweis. Glaubhafte 110’000 Meilen hat der Pontiac auf dem Zähler, also fast 200’000 Kilometer. Interessant war die Frage, wie das Ventilspiel einzustellen sei. Das Thema füllt Foren-Threads auf der ganzen Welt. In just diesem Fall ist es letztlich simpel: die selbstsichernden Muttern der Ventilkipphebel werden auf das vorgeschriebene Drehmoment angezogen. Fertig. Egal, wo im Arbeitszyklus das entsprechende Ventil steht. Die Lösung: der Hydrostössel stellt die notwendige Vorspannung zur Verfügung.
Technische Finessen
Im Spätsommer wurde Snowwhite und mir eine besondere Ehre zuteil: an der Hochzeit eines Arbeitskollegen durften wir das Brautpaar

Spezialauftrag: Das schöne Paar heil von A nach B bringen
von der Trauzeremonie mit Empfang zum Ort der Hochzeitsfeier fahren. Klar, dass das auf Hochglanz polierte Gefährt viel Aufmerksamkeit bekam. Das hätte auch mit der Chevelle Spass gemacht, ein kleiner aber feiner Unterschied machte den Pontiac für diese Aufgabe aber besonders geeignet. Abgesehen davon, dass er einfach enorm viel Platz hat und nach Aussage der Passagiere äusserst komfortabel ist. Die Chevelle hatte eine auf Krawall gebürstete Auspuffanlage, welche knapp «street legal» war. Das machte im Leerlauf Spass, war aber bei Landstrassentempo – zusammen mit der sehr kurzen Hinterachsübersetzung – echt mühsam. Und laut. Ganz anders der Pontiac. Der Motor dreht mit einer verblüffenden Leichtigkeit turbinenartig hoch, ohne dabei laut zu werden. Eine grosse Rolle kommt hierbei der Auspuffanlage zu. Der Bonneville hat eine auf den ersten Blick stinklangweilige Architektur: direkt nach den Abgaskrümmern kommt ein einzelnes Rohr mit einem riesigen Topf. Hier hängt möglicherweise noch das Original von 1964. Aber jetzt wird es spannend. Im Leerlauf bei warmem Motor produziert die Anlage einen V8-Bass, der einem die Haare auf den Armen aufstellt. Und im innerörtlichen Verkehr ist davon im Innenraum genau so viel zu hören, wie der Geniesser braucht. Bei Landstrassen- oder Autobahntempo ist dann nur noch ein Summen zu hören, beziehungsweise übernehmen die Windgeräusche. So wurde früher Komfort produziert. Und das Ganze passt so perfekt zu diesem «friendly giant», der mit Servolenkung erstaunlich handlich ist und sich – noch erstaunlicher – präzise lenken lässt. Ein weiteres Highlight ist die Automatik. Ein automobiltechnisches Unikum ist am Motor angeflanscht. Der ist übrigens ein Grauguss mit 6.4 Litern Hubraum und somit ziemlich «normal». Nebenbei erwähnt erübrigt sich bei einem Pontiac die Frage nach Big- oder Smallblock: es gab nur eine Blockgrösse. Aber zurück zur Automatik, welche übrigens durch den coolsten und feinsten Chromhebel

Filigraner Schalthebel. Verchromter Stahl
an der Lenksäule bedient wird und dessen Schaltkulisse selbst Spezialisten verblüfft. Statt des bekannten P_R_N_D_S_L-Schemas gilt hier P_N_D_S_L_R! Für den Rückwärtsgang muss der Schalthebel also ganz nach rechts bzw. unten geführt werden. Ist aber kein Problem. Das Teil heisst Super Hydra-Matic, nicht zu verwechseln mit der Roto-Hydromatic von Oldsmobile und der jüngeren Turbo Hydramatic. Heut rümpfen viele die Nase über dieses Stück Ingenieurskunst, die Automatik sei ruppig und unkomfortabel und störungsanfällig.

Das Schema zeigt, was welche Fahrstufe er Automatik in welcher Situation tut. Alles klar?
Letzteren Punkt kann ich nicht beurteilen, aber bezüglich Schaltkomfort steht die «Super» anderen Automaten in nichts nach. Aber was ist so speziell? Es stehen vier Vorwärts-Stufen zur Verfügung und ein Rückwärtsgang. Der erste Gang hat zwei Stufen, welche, wenn ich es richtig verstanden habe, durch eine Doppelkupplung geschaltet werden. Die Weiteren durch einen ölgefüllten Wandler. Den ersten Schaltvorgang hört und spürt man kaum. Dann passiert etwas eigenartiges, denn die Spreizung vom dritten zum vierten Gang ist enorm! Der Schaltvorgang dauert, bei Teillast, eine gefühlte Ewigkeit. Und ich muss gestehen, ich habe mich etwas in diesen Schaltvorgang verliebt. Muss man gehört und erfahren haben. Mit etwas mehr Schmackes am Gaspedal vollzieht sich dieses Ballett in deutlich forscherer Gangart. Aber ohne jedes Rucken. Mehr als Automaten-Öl nachfüllen musste ich bisher nicht.
Startprozedere nach Schema «Mühsam»
So angenehm das Cruisen mit dem «Pompiamp» – die jüngste Tochter des Forumskollegen Marc nannte so den Familien-Pontiac – war, so viel Schweissperlen trieb mir das Startprozedere auf die Stirn. Das ging so weit, dass ich den Motor kalt nur noch mit Hilfe einer Portion Benzin direkt in den Vergaser startete. Ursachen?

Powerbarn. 389 Kubikzoll/6.4 Liter Hubraum
Der Reihe nach. Mit Input von Robin begab ich mich auf die Fehlersuche und ich muss sagen, dass ich in wenigen Monaten mehr über Verbrennungsmotoren lernte als im gesamten bisherigen Leben. Das Internet ist ein nicht versiegender Quell an Informationen und ich fragte mich oft, weshalb sich Leute die Mühe machen, ihre Freizeit für Tutorial-Videos auf Youtube zu opfern. Ihnen allen gebührt mein Dank, auch denen, die dafür Geld bekommen. Anfangs hatte ich die Benzinversorgung im Visier und das war schon einmal nicht schlecht. Ich tauschte die Benzinpumpe aus und installierte ein Rücklaufventil, damit sich der Vergaser nicht wieder in den Benzintank entleeren konnte. Am Vergaser fand ich nichts Akutes, werde aber dennoch irgendwann alle Dichtungen ersetzen. Der heilige Gral liegt jedoch in der Zündung und deren korrekter Einstellung. Dem optischen Zustand nach hängt hier noch die originale Zündspule und der Verteiler sieht auch aus, als wäre er schon lange dabei. Die Spule ist in Ordnung, die Unterbrecherkontakte ebenfalls. Zündkabel und -kerzen sind neu. Die Vakuum-Installation gab uns grosse Rätsel auf, ich konnte das mittlerweile aber entschlüsseln.

„Fuel-make-it-happener“. Carter AFB Vergaser (Original, versteht sich). Ein kleines technisches Wunder. Rechts der Zündverteiler und der Vakuum-Eingang des Vergasers
Und mit dieser Erkenntnis und den richtigen Instrumenten konnte ich den Zündzeitpunkt korrekt einstellen. Im Leerlauf wird mittels Vakuums der Zündzeitpunkt um sechs Grad vorgestellt, beim Beschleunigen regelt die Fliehkraft im Zündverteiler den Funken so, dass genügend Zeit bleibt, ein ausreichend dosiertes Luft- Benzingemisch in den Zylinder zu ziehen. Für mich bisher völlig unbekannt war das Prinzip des «dwell angle», dem Schliesswinkel der Zündunterbrechung respektive dem Abstand der Elektroden im Unterbrecher. Never mind. Ein falscher Abstand bedeutet, dass die durch die Zündspule aufgebaute Hochspannung nicht oder nur verminderter Intensität bei der Zündkerze ankommt! Konsequenzen: mieses Startverhalten, hoher Spritverbrauch und dürftige Leistung. Aha! Schlussendlich noch Gemisch und Leerlauf eingestellt, fertig war der Performance-Pontiac. Jetzt, zu Beginn der zweiten Saison, springt der Motor auch nach einer Woche Stillstand problemlos an, nimmt willig Gas an und im Fahrbetrieb nerven keine Aussetzer oder Verschlucker. Bleibt noch abzuwarten, wie sich der Spritverbrauch entwickelt.
Putzen, putzen, putzen
Das Innenleben des weissen Riesen ist wie eingangs beschrieben komplett original, es galt aber, Staub zu wischen und Vinyl zu reinigen. Viele Lämpchen waren durchgebrannt, jetzt leuchten sie alle wieder (meistens). Die Sitzbezüge, Teppich und Dachhimmel sind ebenso original wie alle Glasflächen. Lüftung und Heizung funktionieren einwandfrei. Sämtliche Bedienteile sind aus Metall und mussten bloss gereinigt werden. Cool ist die Temperaturanzeige der Heizung, beim Drehen erscheinen oder verschwinden rote Säulen – fast wie bei den drehenden Säulen der Barbershops seinerzeit.
Und die Kontrollanzeige für das Volllicht ist der Hammer: ursprünglich zierte ein Indianerkopf im Profil das Pontiac-Logo.

Politisch korrekt? Vielleicht nicht, aber respektvoll!
Dieser «chief» leuchtet im Armaturenträger rot, wenn man aufblendet. Ich gönnte Bonnie einen Satz neuer Fussmatten, alles andere durfte bleiben. Als ich den Armaturenträger reinigte und etwas auseinandernahm, fand ich ein weiteres Highlight: das «build sheet».

Der Fund des „build sheet“ in einem alten Amerikaner ist eine Seltenheit und lässt auf unverbastelten Zustand schliessen.
Dieses spezifizierte während der Produktion, welche Optionen eingebaut werden mussten und welche Nummern dem Fahrzeug zugeteilt wurden. Und daraus geht hervor, dass das Auto zu Di Giulio Pontiac in Fremont, Kalifornien, geliefert wurde. Verkauft wurde es letztlich durch Larry Hopkins Pontiac in Sunnyvale, ums Eck nach Santa Clara, wo es nachweislich sein ganzes Leben verbrachte. Zu guter Letzt noch ein Wort zu dem Abteil, welches den Betrachtern den Mund offenstehen lässt: dem Kofferraum!

A shallow grave. Standardfrage: wie viele Leute passen da rein?
Ist die Motorhaube schon ein ordentliches Stück Blech, stellt es der Kofferraumdeckel in den Schatten. Offenbaren tut sich dies, wenn man die Vogelperspektive einnimmt und den Wagen von oben betrachtet. Wo war nochmal vorne und wo hinten? Das Fassungsvermögen des Gepäckabteils ist enorm!

Automobiles Anagramm: Von hinten wie von vorne…
Die Matten und Kartonauskleidungen hier sind immer noch original. Dem Unterboden, der auch beim zig-ten Blick rostfrei ist, gönnte ich einen Schutz aus Leinöl. Mit Druckluft in aufgetragen. Hilft dem Auto, war aber eine Riesensauerei in der Garage.
So starten wir in die zweite Saison. Ich liebe diesen friedvollen Giganten, einen echten «survivor», der völlig frei ist von Allüren.
Gerne empfehle ich die Klassikerwerkstatt in Merishausen und AS Cars in Mellerud. In beiden Fällen wurden alle Abmachungen eingehalten und die Zusammenarbeit hat Freude bereitet. Ich lebe noch in der alten Welt und erhalte für diese Empfehlung keine Gegenleistung.

Out of the woods, for sure!