So oder ähnlich werden sich das die damaligen Erstkäufer des BMWs im Familienformat gedacht haben. Der 3er ist eher zu klein, der behäbigere, grosse 7er etwas für Vorstände oder Politiker.
Für den Autoren, der bis jetzt nur BMW der Dreier-Reihe (318iS E36/323i E21) und einen Z4 3.0i fahren durfte, war ich sehr gespannt wie sich ein stattlicherer BMW fährt. Die Dreier BMWs sind vom Fahrverhalten her ja auffallend agil, wendig und machen einfach verdammt viel Spass auf engen Kurvenstrecken. Wie aber verhält sich die feinen Kombination von Reihensechszylinder und Heckantrieb wenn da mehr Blech und mehr Radstand vorhanden sind? Die etablierte Presse würde es „erwachsener“ nennen.
Der Hobbyautor selber ist positiv erstaunt, wieviel von den Genen des flinken Dreier-Wiesels in den grösseren 5er BMW „transferiert“ werden konnten. Der Eindruck des Fahrwerks ist ja nur ein Bestandteil ob ein Auto „Freude am Fahren“ vermitteln kann. Weitere Faktoren sind der Motor sowie das Getriebe. Der Testwagen ist ein 528i von 1984 mit dem 5-Gang-Schaltgetriebe. Dieser Motor leistet, kombiniert mit der idealen Übersetzung, einiges zum positiven Fahreindruck. Wo der 323i im E21 vor allem viel (schönes) Motorengeräusch produziert, kommt beim 528i auch richtig Leistung dabei raus. Die Kraft in allen Drehzahlbereichen ist erstaunlich und erinnert mich an den 3.oi des viel neueren Z4. Wie sich das tolle Fahrwerk mit dem Basismotor dem 518i verhält kann ich nicht beurteilen. Ich denke aber, wer sich für einen BMW entscheidet, mag auch einen Motor, mit dem sich der Wagen aus München sportlich fahren lässt.
Der optische Auftritt ist bis heute an Dynamik kaum zu übertreffen. Dafür brauchte BMW in den 70er und 80er Jahren nicht mal eine böse Fratze als Front.
Nach der Lobhudelei bringt es „seriöser“ Journalismus natürlich auch mit sich, dass auch kritisch hinterfragt werden muss. Wie alltagstauglich ist den diese tolle Fahrmaschine? Das Raumgefühl eines Mercedes W123/W124 erreicht der E28 ganz klar nicht. Er ist spürbar enger, das Cockpit klar auf den Fahrer ausgerichtet, ein Massanzug eben.
Es kochen alle nur mit Wasser, der Leichtbau bringt mit sich, dass sich der BMW nicht ganz so wertig anfühlt wie ein Mercedes aus der selben Zeit. Ich denke aber, den wahren Fan wird dieser Umstand kaum abschrecken. Dass aber nach dem Kauf keine rostigen Schreckerlebnisse auftauchen, sei jedem Interessent die Kaufberatung der E12/E28 IG ans Herz gelegt. Speziell zu beachten sind gemäss zwei E28-Fahrern, welche mir bei diesem Artikel freundlicherweise geholfen haben, folgende Punkte:
Wagenheberaufnahmen
Türunterkanten
Fussraum vorne unter dem Teppich
Lager der Vorderachse
Zustand der Sitze
Gemäss der Auskunft der genannten E28-Fahrern sei die Ersatzteilversorgung soweit gut, trotzdem sollte Ihr Kaufobjekt vollständig sein. Einzelne Zierteile sind nicht immer einfach zu beschaffen.
Bei den Motoren ist die Auswahl gross. Spannend seien die „eta“-Motoren sprich der 525e, welcher über einen 2.7 Liter 6-Zylinder verfügt. Als Drehmomentmotor ausgelegt, ähnelt er von der Charakteristik her einem Diesel. Diese Maschine fahre man mit 8 Liter. BMW bot damals ebenfalls schon Dieselmotoren an, den 524d und den 524td mit 86 bzw. 115 PS, beide mit 6 Zylindern. Den Hauptanteil haben natürlich die „klassischen“ Reihensechszylinder vom 520 bis zum 535i. Wikipedia-Link zum E28 mit grosser Motorenliste.
Die Konkurrenz ist für mich bei diesem Auto schwierig zu definieren. Klar, der bereits erwähnte Mitbewerber aus Stuttgart bietet auch schöne und zuverlässige Autos. Am ehesten kommen da der W123 280E und der W124 300E jeweils mit Schaltgetriebe in Frage. Aber betreffend Sportlichkeit kommt für mich in der Bauzeit des E28 eher der Alfa 75 bzw. vorher die Alfetta als direkter Konkurrent in Betrachtung. Der Opel Senator verfügt zwar auch über Reihensechszylinder und Heckantrieb, zählt aber eher nicht als sportliche Limousine. Der Audi 200 5T bzw. später der Audi 100 turbo kommen dem sportlichen Charakter des E28 eher näher, auch wenn sie mit Front- bzw. Allrandantrieb auf ein anderes Konzept als die vorgenannten Modelle setzen.
Wer also mit seiner Familie stilvoll und sportlich unterwegs sein möchte, könnte bei diesem Auto richtig liegen. Ich habe auch für mich persönlich die Anschaffung eines E28 geprüft. Allerdings ist es nun ein Produkt der Konkurrenz geworden: Mercedes 300E W124 als Handschalter. Wie sich dieser eher untypische Mercedes mit BMW-Eckdaten (Handschalter, Reihensechszylinder) als Sportlimousine macht, werden Sie im Sommer auf diesem Kanal erfahren.