Das Sakrileg aus Sicht der Gusseisernen

Bericht über die Sonderausstellung „Die Transaxle – Ära“.

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„Für die Einen sind sie perfekte Sportwagen, für die Anderen ein Irrweg der Porsche – Geschichte: die Transaxle-Modelle.“ Der offizielle Katalog führt den Besucher mit dem damaligen Vorurteil  in die Ausstellung ein. Man erinnere sich: bis Mitte der Siebziger Jahre hatte ein Porsche-Triebwerk hinter dem Fahrersitz zu liegen fanden die „gusseisernen“ Porsche-Fans. Andere Varianten entsprachen einem Sakrileg. Heute lachen wir darüber. Und freuen uns an den besonderen Sportwagen, die die Transaxle-Ära mit sich brachte.

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Vier Typen gingen dabei in den Verkauf. Wenn man genauer hinschaut, eigentlich nur zwei. Der 944 als auch der 968 sind – teilweise grosse – Weiterentwicklungen des Musters 924. Sie bauen auf der gleichen Grundform auf, unterscheiden sich technisch aber stark von der Basis.

Die Ausstellung ist schön nach den einzelnen Typen gegliedert. Gehen wir also der Reihe nach.
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Kennzahl 924, gebaut von 1976 bis 1988 in ca. 150’000 Expl.

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Was für eine Farbe!

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Schön aufgereiht: Prototyp der Baustufe 1 (orange), Serien-924 (grün), Weltrekordwagen und Targa-Prototyp. Nicht mehr im Bild zwei Rennsportler, der Carrera GTR und GTP.

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Der Targa blieb ein Versuch. Problem: Karosseriesteifigkeit. Kein Problem: bunte Stoffmuster…

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cw 0,26: Bestwert des Weltrekordwagens. Erreicht wurde dies durch umfangreiche Änderungen an der Karosserie. Rekord – Ziel dabei: 10000 Meilen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 250 km/h. Die Fahrt wurde aus strategischen Gründen nicht durchgeführt.

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Prototyp 924 Carrera GT in wunderbarem Perlmutt-Weiss. Der „dicke“ 924 wurde als strassentauglicher Rennsportwagen in verschiedenen Evolutionsstufen 1980 und 1981 gebaut.

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Besonders begehrenswert und damals wie heute teuer: der 924 Carrera GTS, 50 Expl., alle in rot.

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Werbefoto für das neue Antriebs-Konzept.

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Endkontrolle bei frühen 924ern im Werk Neckarsulm. Man beachte die bunten Farben der 1970er-Jahre.

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Den wunderbar signalgrünen Basis-924er gab es auch als schönes (aber etwas teures) 1:43 Modell:

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Der erste Achtzylinder-Porsche. Gebaut von 1977 bis 1995, ca. 61000 Expl.

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Der Reihe nach von links: 928S Serie, Rennversion, Alu-Prototyp, Viersitzer-Prototyp, Cabrio-Versuch, 928 GTS Serie. Leider kein gelber, wie der Werbeflyer eigentlich suggeriert….

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Stylingmerkmal: das geschliffene Rundheck ohne Stossstangen. Champagner-Farbe steht im gut….

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…und die eingeklappten Augen. Sieht er nicht etwas scheu aus aus dieser Perspektive?

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Geschenkt: der Viersitzer-928, zum 75. von Ferry Porsche. Erscheinungsbild: hm, gewöhnungsbedürftig.

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Versuch eines Cabrios. Nicht weiterverfolgt.

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Neue, geglättete Front nach dem Facelift von 1989. Der GTS mit seinem 5.4 l – V8 und 350 PS war die letzte Entwicklungsstufe. Man sagt, er sei der perfekte Langstreckenwagen.

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Ein bisschen De Lorean: 928-Versuch mit lackierter Voll-Alukarosserie. Gewichtsvorteil: 140kg. Nachteil: höhere Windgeräusche. Mir gefällt der Look.

Zeit für einen Boxenstopp: so heisst das Restaurant. Nachtanken… Das Menü „911“ und auch der Service auf hohem Niveau. Porsche sei auch bekannt für eine gute Werkskantine, war im Museum zu lesen.

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Erfolgstyp mit „echtem“ Porschemotor und dicken Backen. Gebaut 1981 bis 1991, ca. 163’000 Expl.

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Schaumodell der Transaxle-Technik am Muster eines 944 Turbo.

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Für alle, die es noch nicht wissen: Motor vorn, Getriebe hinten. Verbunden durch eine in einem Stahlrohr verbaute, mit Motordrehzahl laufende Welle (9). Ergibt eine nahezu ideale Gewichtsverteilung 49-50 %. Prinzip gilt für alle „Transaxle“-Porsche.

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Wunderschöner Erstserien-944 mit „Pascha“-Interieur. Besitzer war der Rennfahrer Reinhold Joest.

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Zur 924-Karosserie ergänzte Porsche einen neuen Motor, ein verbessertes Fahrwerk und in etwa die Kotflügel des 924 Carrera. Fertig war das neue Modell! Interessanterweise besser akzeptiert als der 924. Obwohl noch viele Gleichteile aus dem VW/Audi-Baukasten drin steckten.

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Aus heutiger Sicht eine „Fehlfarbe“: das Flamingorosa des Prototyps vom  944 Cabrio.

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Da muss man durch: auch innen ist das Cabrio „mutig“ eingefärbt. Der Prototyp zeigt das neue Armaturenbrett der Typen 944/968 ab 1985. Inklusive klobigem Airbag-Lenkrad einer frühen Generation, so ähnlich ebenfalls in englischen Autos verbaut.

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Langstreckenläufer: der erfolgreiche Turbo Cup, dahinter Gerhard Plattners Rekordwagen (384’405 km in 258 Tagen um die Welt) und zuletzt der 944 Turbo-Prototyp aus dem 1984er „Nelson Ledges“-24-Stundenrennen.

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Evolution des 944: ein Vierzylinder mit 3 Litern Hubraum. Gebaut 1991 bis 1995, ca 11’000 Expl.

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Zu sehen: der letzte 968 aus 1995, ein Cabrio in hellblau…

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…eine weichgespülte Roadster-Studie….

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…1992 verworfen zugunsten des Boxsters…

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… und ein Schnittmodell des Coupés, hergestellt von der eigenen Lehrwerkstatt.

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Der Fachmann kann daraus die Reife dieses Sportwagenmodells erahnen. Möglicherweise war der 968 zu perfekt und gleichzeitig zu wenig „frisch“ aussehend. Die hohen Absatz-Hoffnungen des teuren Vierzylinders erfüllten sich nicht. Der Erfolg kam erst wieder mit dem Boxster gegen Ende der 1990er-Jahre.

Wir schliessen den Bericht mit ein paar Original-Zeichnungen aus der Stylingabteilung.
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Lustige Peilstäbe lassen die Unübersichtlichkeit nach vorne erahnen.

Mein Fazit: eine süffig präsentierte und stimmig zusammengestellte Ausstellung. Mittels Audio-Guide, Touch-Screen-Monitoren sowie den Technikmodellen liess sich einiges über den Weg dieser Frontmotor-Renner erfahren. Noch nie ausgestellte Schaustücke wie zB. das 928-Cabrio zeigten die (Weiter-) Entwicklungen und Irrwege anschaulich auf.

Ich persönlich hätte da noch gerne die eine oder andere Information zum „Warum“ des Transaxle-Antriebs gehabt: was Porsche eben dazu bewog, dieses Konzept zu bauen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau: die Freude über den Platz, der diesen weniger begehrten Porsches eingeräumt wurde, überwiegt.

Was im Porsche-Museum sonst noch gefällt, erzählen wir in einem nächsten Beitrag.

2 Gedanken zu “Das Sakrileg aus Sicht der Gusseisernen

  1. Pingback: Oldtimermesse St. Gallen – ein Bericht in Wort und vorallem in Bildern | autosleben

  2. Danke für den schönen Beitrag. Ich musste wirklich an einigen Stellen schmunzeln. Ganz offensichtlich waren die Kunden eines 928 bei der Farbwahl schon nicht mehr so experimentierfreudig gegenüber den 4-Zylindern Kunden.

    Porsche kann sich wirklich glücklich schätzen mit dem Boxster einen Wagen ins Programm aufgenommen zu haben, der mehr oder minder den Fortbestand des Unternehmens gesichert hat. Egal was man heute von den Wagen hält. Und als gerade aufgefrischten 718 gibt es den Boxster jetzt nur noch mit 4-Zylinder Triebwerken. So schließt sich der Kreis. 🙂

    Die lustigen Peilstäbe kennen wir ja auch von alten LKWs.

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