Audi 100/200 – der amerikanischste Audi aller Zeiten

Einige Jahre waren Audis des Typs „43“, wie sie gemäss des internen Codes heissen, meine Begleiter im Alltag. Vor 2 Jahren habe ich den letzten verkauft, unter anderem aufgrund der miserablen Ersatzteillage. Das ist eine der wenigen Nachteile welcher dieser ehemalige Technologieträger im Alltag mit sich bringt. Dieser Beitrag dreht sich hingegen eher um die Vorteile und den Charme dieser Autos. Sandmann, der bekannte Blogger welcher privat ebenfalls einen Audi 100 fuhr, bat mich schon länger um einen diesbezüglichen Beitrag, hier ist er! 🙂

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Mein Vater fuhr schon 1979 seinen ersten Audi, nach einem Toyota und einem Oldsmobile. Es handelte sich um einen goldigen 100 Avant GL 5E. Aufgeschlüsselt heisst dieser Name, dass es sich um ein Schrägheck-Kombi („den schöne Kombis heissen Avant“) handelt in der besseren GL-Ausstattung und motorisiert mit dem Fünfzylinder Einspritzmotor welcher 136 PS leistet. Damals der stärkste Motor im Angebot von Audi. Leider wurde dieser Wagen Opfer eines Unfalls, als Nachfolger wurde 1981 ein neuer Audi 100 Avant CD 5E in meteormetallic bestellt.

Leider habe ich noch kein originales Bild gefunden, hier aber sehen Sie einen „Vorfacelift“ Typ43 als Avant.

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Der Avant war einer der ersten Lifestylekombis und wurde vom Markt noch nicht richtig angenommen. Die meisten Typ43 verliessen die Werkshallen als 4-türige Limousinen, es waren aber auch 2-türige Limousinen erhältlich. Ein Angebot, was es heute so leider gar nicht mehr gibt. 1976 begann die Produktion der heute „Vorfacelift“ genannten Modelle. Später kam die heute gesuchte „CD“-Ausstattung dazu, ein Traum in Veloursstoff. Es wurden sogar 2 „Schlafkissen“ im selben Stoff dazu ausgeliefert. Ein sympathischer Zug welcher leider bei keinem Nachfolger mehr durchgeführt wurde. 1980 bekam die Typ43-Reihe ein Facelift und der Audi 200 wurde ins Programm aufgenommen. Äusserlich waren die Audi 100 nun mit grösseren Rückspiegeln, einer etwas geänderten Front sowie anderen Innenausstattungen (welche teilweise auch andere Namen trugen) unterwegs. Der 200er war gegen Mehrpreis als „5T“ lieferbar, das heisst mit einem 5-Zylinder-Turbomotor mit 17o PS. Damit erreichte Audi Oberklassenfahrleistungen mit einem nur 2.1-Liter grossen Motor! Opel Senator 3.0E, Mercedes 280E und BMW 528i hiessen die neuen Konkurrenten, welche dem Audi aber den prestigeträchtigen Reihensechszylinder voraus hatten. Meine persönliche Erfahrung mit meinem Audi 200 5T besagte allerdings, dass genannte Konkurrenten gegen den Turboschub herzlich wenig ausrichten können. 🙂

Im Sommer 1982 lief die Produktion des „Typ 43“ aus. Der Nachfolger hiess ebenfalls Audi 100 bzw. Audi 200 und ging mit drei wesentlichen Innovationen in die Geschichte ein; mit einem sensationell tiefen Luftwiederstandswert, mit dem vollverzinkten Blech welches auch im hohen Alter vor Rost schützt und mit dem gegen Mehrpreis erhältlichen Allrad-Antrieb namens Quattro. Ein Novum in dieser Klasse. Ein Beitrag über diese Modellreihe folgt.

Doppelscheinwerfer ganz nach dem Geschmack der Amis, dazu getöntes Glas, Scheibenbemsen hinten, Scheinwerferreinigungsanlage etc. Der Audi 200 wurde reichhaltig ausgestattet aus dem Werk entlassen.

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Vorstellung im ADAC Heft von 1979

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Das Fahrgefühl des 200ers kann man meines Erachtens als sehr amerikanisch bezeichnen, daher habe ich auch die Überschrift des Artikels entsprechend provokativ gewählt. Mit der oft verbauten Automatik zieht der Audi ähnlich einem grossvolumigen V8, zu jedem Zeitpunkt so wie es sich der Fahrer wünscht. Das Turboloch bügelt der Wandler des Automatikgetriebe glatt. Der tief bollernde Auspuffsound beim sanften Gasgeben erinnert ebenfalls etwas an amerikanische V8-Modelle; sobald man vom Gas geht hört man nur noch das Abrollgeräusch. Gibt man allerdings richtig Gas, brüllt der 5 Zylinder ähnlich einem Urquattro das Lied eines Sportmotors.

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Das Automatikgetriebe lebt bei sanfter Behandlung deutlich länger! Regelmässige ATF-Wechsel sind Pflicht, ebenso sind Dauervollgasfahrten auf der Autobahn zu unterlassen. Allerdings stundenlang 160-170 zu fahren hat unser Fotoauto gut überstanden.

Das optionale Schiebedach ist riesig und im Audi 200 auch elektrisch betätigt.

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Sportlich und bequem gleichzeitig, das war lange DAS Verkaufsargument des Audi 200. Allerdings wurde diese Reihe mit der Produktionseinstellung des Nachfolgers 1991 eingestellt. Die Käufer sollten den Audi V8 oder den Audi 100 S4 lieben lernen.

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Auch wenn es viele nicht geglaubt haben, der Audi 200 machte die Teilnahme an der Creme21 zu einem völlig problemlosen Ereignis.

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Hier mit 2 Brüdern zusammen, leider ein seltenes Bild. In den 90er Jahren war der Audi 200 ein beliebtes Auto bei der Jugend und wurde da oft verheizt. 

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Der 200er und Audis Aushängeschild der 80er Jahre: der Urquattro.

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Für eine Teilnahme an der Retro Classics in Stuttgart begeben sich 2 Typ43 auch mal richtig in den Schnee.

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Das Cockpit des Audi 100 GL 5E „Nachfacelift“ ist etwas einfacher gehalten als im 200er.

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Mein zweiter Typ43 war oben gezeigter 100 GL 5E mit 136PS und Automatik. Grundsätzlich in der gleichen Karosserie unterwegs wie der gezeigte Audi 200, allerdings mit einfacherer Ausstattung. So fehlten zum Beispiel Kopfstützen hinten, Sicherheitsgurten hinten, ein rechter Aussespiegel (diese Punkte wurden nachgerüstet) aber auch Zentralverriegelung etc. Dafür glänzt der Audi 100 mit seinem geringen Gewicht von nur ca. 1’100 kg!

Sehr seltener Audi 100 Avant CD 5E Nachfacelift

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Auch ein Dieselmotor war beim Audi 100 im Angebot; 5 Zylinder-Saugdiesel mit 70 PS.

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Der Audi 100 neben einem zeitgemässen Kombikonkurrenten, dem Mercedes T-Modell.

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Der 100er war ein zuverlässiger Begleiter auf diversen Reisen, unter anderem in Schlesien.

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Meine Mutter fuhr früher viel mit unserem Avant und fühlte sich bald wieder wohl am Volant eines Typ43.

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Auf der Gotthard-Passhöhe

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Ich werde die Zeit mit diesen Autos in guter Erinnerung behalten und würde mich freuen, wieder mal ein solches Modell in freier Wildbahn zu sehen.

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2 Gedanken zu “Audi 100/200 – der amerikanischste Audi aller Zeiten

  1. Es ist einerseits merkwürdig aber andererseits auch bezeichnend für die Autos aus Ingolstadt, dass sie im direkten Vergleich mit Stuttgarter Produkten sparsamer, besser ausgestattet oder sogar schneller waren aber damals die Käufer nicht in großen Massen ansprachen und heute fast vollständig aus der automobilen Wahrnehmung verschwunden sind.

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    • Das ist mir auch aufgefallen, die Audis hatten zwar auch eine beachtliche Stückzahl erreicht. Aber in der Wahrnehmung und Erinnerung dominieren die Daimler klar. Dabei sehe ich durchaus auch wie Du erwähntest einige Vorteile der Ingolstädter. Die Stuttgarter rosteten ähnlich, aber da hat man immer brav investiert, ist ja schliesslich ein Benz 🙂
      Leider haben die Ingolstädter diesen Trend unterstützt, da ihnen meines Erachtens der Weitblick schon immer fehlte und noch immer fehlt. „Was braucht des oide Graffl no Ersatzteile, wir wollen neie Autos rauslassn“.

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