Kostengrab oder Freudenquell? Bilanz 5 Jahre nach dem Kauf eines Porsche.

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Ach, war ich doch noch jung, vor fünf Jahren und u-50, als das grosse Portemonnaie für einen Youngtimer gezückt wurde. Dazu noch für einen Porsche: den 924. Damals war er gerade noch günstig. Er ist immer noch da. Und gefällt mir immer noch, wobei sich ja der Geschmack ab den ü-40er-Jahren kaum noch ändert. Aber interessant ist doch auch, ein Blick auf für ein Auto wesentliche Dinge wie Kosten, Zuverlässigkeit, Fahrfreude zu werfen. Da gab es doch einige Erwartungen. Wurden sie erfüllt?
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Augen auf: da gäbe es zwei offene Briten zu kaufen

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Der Stand, im Stand abgelichtet: (1)77777 km. Fahrend zittert die Tachonadel

Fahrfreude

Der Transaxle (mir gefällt das von den Deutschen gekürzte Wort „Transe“ nicht) zeigt gut auf, was sich in den 40 Jahren seit seiner Vorstellung verändert hat. Damals ein (pubertärer) Held der Autobahn mit genügend Leistung für die linke Spur, muss er sich heute doch recht anstrengen, um im Schweizer Verkehr der PS-Protze mitschwimmen zu können. Der Fahrer entwickelt dabei auf schwergängiger Bedienung aufbauende Muckis. Das Handling, immer noch neutral und sicher, wirkt im heutigen Vergleich doch etwas behäbig. Die fehlende Verstellung des zu tief montierten Steuers sorgt (bei mir) für eine etwas unentspannte Sitzposition, woran auch die guten, aber leicht zu kurzen Sitze nichts ändern. Sie sorgen mit ihrem edlen, aber schweisstreibenden Bezug zusammen mit der sehr grosszügigen Verglasung schnell für Sommerfeeling in der Kabine. Aber: gerade diese aus heutiger Sicht ungeschliffenen Eigenschaften reizen. Seine immer noch ansehnliche Linie macht ihn moderner, als er sich fährt: er ist tief im Herzen ein Rauhbein, sprotzt ungehobelt, poltert etwas und stinkt immer mal wieder etwas nach Sprit. Und: mit etwas Glück – das ich habe – läuft der alte Audi-Motor flott und macht zusammen mit dem Fahrwerk auf grosszügigen, gut asphaltierten Landstrassenpartien Freude.
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Schmaler Jung: inmitten leicht Jüngerer wirkt er zierlich
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Schläft gern: braucht manchmal eine Weile, bis er die Augen öffnet.

Zuverlässigkeit

Den alten Porsches läuft der gute Ruf voraus, verlässliche Mobilitätspartner zu sein. Tatsächlich bin ich in den fünf Jahren nie liegengeblieben, hatte keine schweren Defekte, verlor keine Teile und konnte so auch einmal spontan „die kurze Runde um den Block in der Abendsonne“ tun.
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Kleine Frau, was nun: Lüftungspause nach sommerlicher Passfahrt

Aber: es gibt Schwachstellen. Die bekannteren sind die schlechte Haltbarkeit der Sitze (vor dem Kauf erneuert), des Armaturenbretts (Risse per Cover abgedeckt) und der Kunststoffteile des Innenraums (altern optisch oder fallen ab). Das „Sparen“ zeigt sich auch im Vibrierverhalten der verbauten Teile. Nervig bei meinem ist ausserdem sein ab und zu unzuverlässiger Augenaufschlag (Müdigkeit…?)  und das kalt sehr hakende Getriebe. Auch hat er bei einem Bahnübergang freudig, aber unnötig der sich öffnenden Schranke nachgehupt…zur vollpeinlichen Betroffenheit meiner beifahrenden Tochter. Sie konnte mangels Bodenfreiheit nicht mehr weiter in den Sitz sinken… Alle diese Kleinigkeiten verhindern aber nicht die stets mögliche Wegfahrt. Das kann er. Theoretisch könnte er das noch sein: ein Daily-Driver. Aber dafür ist er schon zu schade.
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Kosten

Gut, soll man überhaupt darüber sprechen, bei dem doch eher teuren Hobby alten Blechs? Ich meine: ja. Schlussendlich ist es doch interessant, nicht nur als Zahlenmensch, eine Null weniger oder mehr vor dem Komma zu haben. Hier liegt der Porsche doch recht günstig.

Verbrauch: geht, 8,56 Liter auf hundert, wenn man sich ein wenig zurückhält. Ich halte den ersten Platz beim Spritmonitor :-). Bei den tiefen Kilometerzahlen, die ich verbuche, schlägt das teurere 98-Oktan nicht durch.

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Unterhalt und Reparaturen: da schlägt die Tanksanierung im 2016 durch. Ansonsten ist da nicht viel, es liegt (noch) im grünen Bereich und reisst keine Löcher ins Taschengeldbudget. Auch, weil kaum etwas kaputt geht. Insgesamt waren da jährliche Kosten (Steuer, Versicherung, Unterhalt, Benzin) von durchschnittlich CHF 1675.-. Ich betreibe ihn mit dem Schweizer Wechselnummernschild und fahre damit (zu) wenig.

Erneuerungen und Verbesserungen

Mein Ziel ist ein weitgehender Erhalt im Originalzustand. Aus diesem Grund habe ich die falsch angebrachte Belabelung nach der Neulackierung 2014 durch die originale „Breitleinwand“ oberhalb der Stossstange ersetzt. Der Kleber wird von der treuen Fangemeinde in England fleissig gedruckt und fair angepreist geliefert. Bisschen putzen und vierhändig mit Augenmass anbringen: geht doch und macht etwas her!

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Ein anderes Thema ist die originale Filierung des Sondermodells (Bild). Auch wenn es ein Alleinstellungsmerkmal eines 50 mal gebauten Stücks ist, habe ich mit dem leicht angestaubten Look Mühe. Der Kompromiss: Folierung bestellt und kühl-dunkel eingelagert… Man weiss ja nie.

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Kann mich optisch nicht ganz ansprechen: der Sondermodell-Look (Foto: mytransaxle.de)

Noch vor den optischen Arbeiten waren diverse Kleinteile im Innenraum fällig: Birnchen, Halterungen, Abdeckungen. Allesamt erleichtern den Umgang. Eine grössere Geschichte erzählt der Benzingeruch im Innenraum. Penetrant wie Unkraut begleitete er Nase und Fahrgäste von Anfang an. Diverse Lösungsideen aus Foren wie die Tanksanierung, Abdichtungsmassnahmen und Versuche fruchteten bisher nur mittelmässig.

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Hier zieht es… irgendwo: Versuche, dem Stinken beizukommen

Anstehen wird mittelfristig die Revision der Transaxle – Welle (Spiel), etwas Kosmetik im Innenraum und die grösste Unbekannte: der Vorführtermin bei der Fahrzeugkontrolle. Ich erwarte ihn dieses oder nächstes Jahr.

Wertentwicklung

Der 924 zeigt sich auf mitteltiefem Niveau preisstabil. Seit 2015 hat sich eine leichte Steigerung bei sehr guten Autos (Zustand 2 gem. Classic Data: € 13’000.- ggü. 11’300 zum Zeitpunkt des Kaufs) ergeben.

Fazit

Bis jetzt hat das Coupé fast alle Erwartungen erfüllt. Ja, ein Schiebe- / Targadach wäre schön. Ja, ein noch besserer Zustand ebenfalls. Die bisherigen Kosten sind aber in Ordnung, das Vergnügen mit ihm auch. Weiterfahren. Wäre doch zu schade ohne.

2 Gedanken zu “Kostengrab oder Freudenquell? Bilanz 5 Jahre nach dem Kauf eines Porsche.

  1. Schöner Artikel!
    Nur ein ‚tag‘ aus der Reihe mag mir nicht gefallen. Welcher das wohl ist. Aber für die Schweiz passt er wohl, wenn das Fernbleiben des Herdes steuerlich nicht gerade gefördert wird…

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