Eine Runde durch die Sonderausstellung „50 Jahre Toyota in der Schweiz“ bei Emil Frey Classics, Safenwil AG/CH.
Spektakulärer Beginn der Marke in der Schweiz: mit dem Corona die Japan-Flagge durchdringen. Bild: Emil Frey Classics
Waren diese Augen ein Versprechen für die Zukunft? Emil Frey meinte ja.
Alles begann mit einem Corona. Aber nicht das im Glas
Eigentlich unvorstellbar heute: der Strassenverkehr ohne Toyota. Genau dieses Szenario war bis Mitte der 1960er-Jahre Realität. Marken wie Austin, Rover und Triumph waren alltäglich. Aber die Japaner? Sie kamen spät, aber heftig. Das hat in der Schweiz hauptsächlich mit einem Mann zu tun: Emil Frey. Ein Unternehmer aus der Blütezeit des Automobils, Importeur oben erwähnter Engländer, die ihn qualitativ langsam zu nerven begannen.
Gesegnet mit Geschäftsinstinkt, machte sich der Mann nach Dänemark auf um eine noch junge Automarke zu beschnuppern. Zusammen mit seinem Sohn, dem heutigen Aufsichtsratchef der Autogruppe, nahm Frey mit einem 1966er Toyota Corona den Heimweg Richtung Schweiz unter die Räder – und war sehr angetan von diesem unbekannten Wagen. Flugs war eine Reise nach Japan zu Vertragsgesprächen organisiert, die in eine starke Erfolgsgeschichte gemündet hat. So begann die Schweiz vor fünfzig Jahren Toyota zu entdecken. Noch vor Deutschland, welches bis 1971 eine Toyota-freie Zone blieb.
Geschätzte Herren: Emil Frey, flankiert von Sohn Walter (l.) und dem ersten Geschäftsleiter
von Toyota Schweiz. Anlass: 20 Jahre Toyota Schweiz.
Die Marke stieg in den 1970ern unter die zehn meistverkauften der Schweiz und verblieb da. Vom heutigen High-tech – Anspruch war vor 50 Jahren noch nicht die Rede. Argumente, die die Japaner gross gemacht haben, waren: Fertigungsqualität, Zuverlässigkeit und Vollausstattung. Unter dem Blech: meist simple Standardtechnik, konservativ angerichtet, aber sauber verbaut.
Zeit, um schöne, fernöstliche Youngtimer zu bewundern. Kaum jemand hebt sie nämlich auf. Meine Kindheit hatte immer wieder Berührungspunkte mit Toyota: der barocke Crown meines Grossonkels, die Celica I im Quartier, der frühe Corolla der Katechetin, ein „Copain“ der Freundin meines Bruders (was für ein schönes Wortspiel), die Carina I meines Onkels… Allesamt vom Rücksitz aus erlebt. Grund genug, mit Erinnerungen befrachtet die Ausstellung zu besuchen. Das hat sich gelohnt. Werfen wir einen Blick.
1960er: Boomjahre
Die noch junge Marke bewegt Japan und zunehmend auch die neue Welt. Brave Limousinen, einzelne darauf basierende Coupés und Nutzfahrzeuge für den Alltag werden hergestellt. Warum aber die Herren plötzlich den Mut zu einem ikonenhaften Coupé aufbrachten, lässt sich wahrscheinlich kaum noch eruieren. Warum nur wurde es bloss 351 mal gebaut? Der hier ist einer von nur fünf damals in die Schweiz importierten Wagen.
Rosenholz im Innenraum und in Handarbeit gebaut: der 2000 GT.
Reihensechszylinder, 150 PS, Einzelradaufhängung, verstellbares Lenkrad… Da schaut die Celica neidisch
Nur in Japan erhältlich: Sports 800, 1965-69, ebenfalls in Handarbeit gebaut. 2-Zylinder-Boxer, Leichtbau: typisches Auto für Tokyos enge Strassen.
Man konnte schon Pickup: Corona, daneben lugt das Urviech HiLux. Letzterer bekannt aus „Top Gear“ (…how to distroy a Toyota? Can’t do it).
Crown, der II. aus 1970: Reihensechser, gefällige Form. Ein Stück bezahlbarer Luxus.
1970er: die Marke etabliert sich
Celica, hier als ST 1600: einer der wenigen begehrten Youngtimer aus Japan. Ich verstehe jetzt, warum.
Was wollte uns Toyota damit sagen? Heck des Corona Mark II, Jahrgang 1974
Mittelklasse – Cressida, hier als Basismodell. Damals auch als Station Wagon erhältlich.
Das war einmal modern: reinster Japan-Barock in der Mittelklasse.
Mein kleiner Freund: Toyota 1000, in der Schweiz „Copain“ genannt.
Fahren war noch Handarbeit: karges Corolla Sprinter-Cockpit
Corolla Sprinter (hinten), Copain und Crown. Qualität und Zuverlässigkeit quer durch die ganze Palette.
Showroom eines Toyota-Händlers in den 1970ern. Oder so: er hat gerade ein paar schöne Stücke im Angebot…
1980er: die Marke wird europäisch-sachlich und technisch anspruchsvoller
Mit dem Rückenwind weltweit hervorragender Reputation erlaubt sich Toyota Nischenfahrzeuge wie den Tercel 4WD, das Model F (Luxus-Minivan) oder den MR2. Aussehen, Funktionalität und Qualität japanischer Foto- und Hifi-Geräte fliessen teilweise auch in die Fahrzeuge ein: mattschwarze, unterkühlt-technische Innenräume entstehen und geben eine Blaupause ab für die Bedienung praktisch aller Japan-Autos bis weit in die 1990er-Jahre.
Motor knackig eingemittet: der Targaflitzer MR2, 1985
Corolla als Kombi: mhm, meinten die Schweizer und griffen massenhaft zu.
Eine Schweizer Idee: Emil Frey brauchte einen kompakten Allradkombi, Toyota baute ihn auf Basis des ersten Frontrieblers Tercel. Subaru hatte es vorgemacht. Geschätzter Marktanteil der beiden Japanmarken bei Schweizer Bergbauern in den 1990ern: 90%. Bei diesem hier vermute ich einen Amerika-Import.
1990er: nichts ist unmöglich…
Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts bedrängte Toyota auf dem Schweizer Markt die zahlenmässigen Top 3. Man war auf dem Höhepunkt. Dann kamen die Asienkrise, die Qualitätsoffensive der Europäer, die Koreaner und die €-Baisse. Heute ist die Marke in der Schweiz weit davon entfernt, Verkaufsleader zu werden. Dank der breiten Hybrid-Palette läuft es aber im Firmenkundengeschäft (zB. Taxis). Der erste Prius war übrigens auch ausgestellt, war aber etwas scheu und wollte aber nicht aufs Bild. Grund: zuwenig fotogen 🙂
Besonders erfolgreich neben den 4×4-Kombis in den 1990ern war der frühe SUV 4-Runner.
Man sieht dem HiLux (rot) und dem 4-Runner ihre Verwandtschaft an.
So sieht ein Verkaufsschlager aus: der 4-Runner auf Basis des Pickups HiLux.
Details
Nein, die Töpfe sind nicht aus Kupfer. Es ist die Spiegelung des Bodens (2000 GT).
Noch ein Urviech: Land Cruiser. Daheim am Ende der Welt.
Die Celica und ihre Detailverliebtheit.
Reklame
Dieses schöne Wort ist fast aus dem Sprachgebrauch verschwunden. Was klassisch tönt, sah auch so aus. Die Ausstellung zeigte zahlreiche Werbungen im Wandel der Zeit. Zuerst textlastig, dann zunehmend bunt und bildbetont.
Toyota gehörte noch nicht zu den Grossen der Welt in den Sechzigern. Der Schweiz-Importeur hatte das richtig erkannt und eine Image-Kampagne gestartet.
Fazit
Eine stimmige Schau mit raren und gepflegten Vertretern der Japan-Marke. Es ist schön, dass sich jemand auch um weniger begehrte Alltagsvehikel bemüht. Leider ist die Sonderausstellung schon wieder vorbei. Einzelne hier gezeigte Exemplare sind in der Dauerausstellung von Emil Frey Classics zu sehen. Andere gehen wieder zurück ins Toyota-Museum in Graubünden oder in private Hände.
Weitere schöne Bilder klassischer Toyotas können Sie hier finden. Dabei handelt es sich um eine bemerkenswerte Sammlung aus Deutschland.
Meine Eltern waren einer der ersten Besitzer eines Corona in der Schweiz, die Bestellung wurde am Toyota Stand am Autosalon in Genf Unterschrieben
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Oh, sehr schön! Ich hoffe, sie hatten Freude damit.
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Hauptexportmarkt für japanische Automobilhersteller war damals Amerika. Entsprechend orientiert sich das Design am damals in Amerika vorherrschenden Geschmack. Zur Umgehung von Zollschranken wurden später Produktionen direkt in den Zielmärkten errichtet:
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Danke für die Ergänzung!
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Die japanischen Hersteller scheinen sich an den Aufruf der UAW gehalten zu haben. Heute produziert jeder der Großen auch in den Vereinigten Staaten. 🙂
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