Die richtigen Porschefahrer* bzw. diejenigen welche sich dafür hielten, sahen Mitte der 70er Jahre in den neuen Frontmotor-Porsches Tod und Teufel gleichzeitig. Schliesslich bedrohte diese neue Spezies ihren geliebten, frisierten Käfer fundamental. Mit der Bezeichnung Hausfrauenporsche gab man dieser Angst einen Namen. Nur hat man den 924 so bereits abschliessend beschrieben?
Um die Bedrohung noch zu unterstreichen, etwas VAG-Romantik
*Bevor ich auf den 924 eingehe, möchte ich noch kurz etwas zur gewagten Aussage „klassischer Porschefahrer der 70er“ loswerden. Der damals klassische Porschefahrer wuchs in seiner Jugend mit dem 356 auf und fuhr 1975 wohl den dritten 911er. Man fuhr zügig aber gepflegt, trug Schulterpolsteranzüge und Lederhandschuhe, hörte Klassik und hatte persönliche Streckenbestzeiten. Er wollte auch in Zukunft kein Frontmotormodell fahren, weder mit 4 Zylinder (924) noch als V8 (928), ungeachtet deren Vorteile von mehr Stauraum und Fahrstabilität. Das Bezwingen des 911 gehörte zur persönlichen Herausforderung, kein Cowboy will zum Rodeo ein zugerittenes Rennpferd, den da könnte ja jedes Greenhorn im Sattel bleiben. Die Zeit des 911 schien aber damals abgelaufen, Schuld daran waren drohende US-Vorschriften, aber nicht nur. Schlussendlich kam alles anders und Mitte der 90er Jahre gab Porsche die „Transaxle“-Reihe auf, den 911 können Sie bis heute neu kaufen.
Nun aber zurück zum Thema und erstmal zu den Eckdaten des Porsche 924. 1976 kam er auf den Markt mit einem 2.0-Liter Frontmotor von VW/Audi mit 125 PS. Das Getriebe ist hinten platziert, daher werden diese Modelle „Transaxle“ genannt. Diese Bauart ergibt eine gute Gewichtsverteilung und damit ein ziemlich neutrales Fahrverhalten. Manche nennen das einfach, andere einen sicheren Sportwagen. Ursprünglich hätte dieses Modell als VW auf den Markt kommen sollen, es handelte sich auch um eine Wolfsburger Entwicklung. Als klar wurde, dass Porsche das Modell aufnehmen wird, wurde die Ausstattung noch etwas angehoben. Allerdings versprühen frühe 924 auch dank der schlanken Rückspiegel schon etwas viel Käfercharme. 🙂
Auch der Innenraum der frühen Modelle erinnerte stark an VW, das Lenkrad ist am Anfang noch nicht gerade der Inbegriff der Sportlichkeit. (Quelle der Beispielbilder: Google)
Der Testwagen wurde im Jahr 1983 gebaut und ist ein Sondermodell namens „30 Jahre Porsche in der Schweiz“. Dessen Innenraum ist bereits viel hochwertiger und wirklich „porschelike“. Der Autor ist ehemaliger 928er Fahrer und fühlte sich in diesem 83er 924 sofort „zu Hause“.
Alt und neu kombiniert, modernes Lenkrad und „Tittentacho“ wie in den frühen Golf GTI.
Die Instrumentierung ist bereits beim günstigsten Porsche reichhaltig und funktioniert bis heute tadellos. VW/Audi Fahrer kennen das System der Heizungsregelschieber bestens aus dem Golf und dem Audi 80
Im Laderaum ist reichlich Platz für den 01. August-Einkauf. Dank dem originalen Rollo können die käuflich erworbenen Gegenstände auch vor den neugierigen Blicken der Nachbarn oder vor der Sonne geschützt werden.
Der Porsche macht auch vor Neubauten eine gute Figur und wirkt keineswegs altbacken.
Nun aber zurück zur eingangs gestellten These, der kleine Porsche könne auch Spass machen. 125 PS hören sich heutzutage für einen Porsche entweder nach einem Schreibfehler oder 2 defekten Zylindern an. Jeder kleine Junge schwört, dass ein Porsche mindestens 300 Pferde hat. Mit einem Leergewicht von etwas mehr als einer Tonne schaut zumindest das Verhältnis PS/Gewicht gar nicht mehr so tragisch aus. Der 2-Litermotor zeigt sich in Relation zu seiner Grösse als drehmomentstarke wie auch drehfreudige Maschine. Das Betätigen des Fahrpedals zündet zwar kein Feuerwerk, aber man kann auch heute noch zügig unterwegs sein damit. Und dank des guten Fahrwerks macht man den meisten sogenannt zeitgemässen Heizölrennern in kurvigen Passagen etwas vor. Im Gegenzug kann man aber auch angenehm 50km/h fahren im 5. Gang und auch mit 1200U/min wieder schaltfaul hochbeschleunigen. Bei den ersten 924 war dieser 5. Gang noch nicht serienmässig, dank ihm sind aber Autobahnfahrten so wie man sich das mit einem Porsche vorstellt, ruhig und gelassen aber jederzeit für einen Sprint bereit.
Die Klappscheinwerfer sehen zwar heiss aus, aber mit der aktuell in der Schweiz herrschenden Lichthysterie fällt natürlich der erhöhte Luftwiderstand etwas ins Gewicht. Hier sehen Sie bereits die moderneren Rückspiegel wie man sie auch vom 928 und 911 kennt.
Laut Spritmonitor liegt der Benzinverbrauch im Schnitt etwa bei 8.5-10l je nach Fahrweise. Das ist etwas höher als vergleichbare Golf GTI bzw. Audi 80 GTE, allerdings haben diese nur 112 PS. Der Unterhalt dieser Fahrzeuge ist auch für einen Normalverdiener zu stemmen, ganz im Gegensatz zum 911 oder 928.
Was spricht den eigentlich für den Kauf eines 924 statt eines Scirocco GLi mit 112 PS oder eines Audi Coupé GT 5E mit 136 PS? Ich verzichte auf eine Punktetabelle à la AutoBild, möchte aber aufgrund eigener Erfahrungen einen kurzen Vergleich bieten. Schliesslich sind alles bis heute spassige kleinere Coupés welche das Familienbudget schonen und bis zu 4 Mitglieder (VW und Audi 5) davon mitnehmen können. Der Porsche bietet eine Verarbeitung auf dem Niveau des Audis, allerdings ist das Armaturenbrett beim Audi langlebiger. Das auf neudeutsch genannte Raumkonzept ist mit dem Scirocco vergleichbar, zu zweit unterwegs, passt fast ein halber Umzug hinten rein. Allerdings bietet nur das Audi Coupé für die grosse Reise hinten Sitzplätze welche auch Erwachsene über Stunden ertragen können. Zum Thema Verbrauch ist der 1.8l Motor des Scirocco führend (meine Messungen 7-8l), gefolgt vom 5 Zylinder Audi (Erfahrungen des Autors zwischen 7-9l) der Porsche bildet mit den genannten 8.5-10l das Schlusslicht. Der 924 bietet das direkteste und sportlichste Fahrverhalten dank seiner direkten Lenkung und dem Heckantrieb. Subjektiv laufen alle 3 Motoren gut, wobei der Audimotor vor allem auf Drehmoment ausgelegt ist. Hier würde nur ein Tracktest brauchbare Antworten liefern. Der Scirocco kompensiert seine etwas geringere Leistung mit dem tiefsten Gewicht im Trio. Fazit: Der Porsche ist sicher das exklusivste Vergnügen und sieht auch für nicht aufgeklärte Passanten aus wie ein Sportwagen.
Der Porsche in Oberstammheim im Zürcher Weinland
Und hier in der Sennengasse in Unterstammheim vor dem ehemaligen „Koch-Optik“ Geschäft
Dem Sponsor B.C., Besitzer dieses wunderschönen Veteranenfahrzeuges, wird herzlich gedankt.
Hallo in die Schweiz!
Zunächst einmal: Ich (47) bin deutlich transaxleaffin. Erster 924 anno 1987, dann 944, 2×944 S2, 2×928S4. Momentan fahre ich einen 190er 928 (aus der Schweiz 😉 und einen 924S des letzten Baujahres 1988. Der Ur-924 hat einen ganz speziellen Charme, allerdings KEINEN VW/AUDI – MOTOR, sondern lediglich den MOTORBLOCK des VW LT. Der Kopf stammt von Porsche. Wissenswert wäre auch, dass der 924 ab 1981 vollverzinkt war, davor nur zum Teil, zudem krankt der Basismodell an Dampfblasenbildung mit teils massiven Startproblemen bei etwas abgekühltem Motor 🙂
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Hallo Heiko
Danke für Deine Infos! Über den Porsche gibt es im Frühjahr sicher mehr zu lesen! Das mit dem VW-Audi-Motor hatte ich aus zeitgenössischen ADAC und AMS-Heften. Aber danke für den Nachtrag, so ins Detail gingen die damals leider nicht mit den Infos.
Grüsse aus der CH
Marc
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Hallo Marc,
aber gerne doch 🙂
Die Geschichte des 924 ist vielfältiger, als man glauben mag.
🙂 Heiko
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Der Besitzer des 924, 69biit wird voraussichtlich den nächsten Beitrag über sein Auto gleich selbst schreiben. Vielleicht hast Du ja noch Hintergrundinfos für ihn? 🙂
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Moin Marc,
HIER werdet Ihr geholfen: http://www.werk924.com
Zwar auch nicht 100%ig perfekt, aber dennoch hält die Seite einige wichtige Informationen vor.
Auch http://www.pff.de ist immer für die eine oder andere Info gut.
Mein eigenes Wissen über die Tramsen nährt sich, neben diversen Petrolhead-Benzingesprächen am Stammtisch, vorwiegend aus den beiden o.g. Quellen.
🙂 Heiko
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Danke für die Links Heiko.
Man(n) liest sich 🙂
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Mein Kompliment: ein schöner Beitrag zum 924! Auch die einschlägige Fachpresse behandelt dieses Auto derzeit mit mehr Aufmerksamkeit als früher, so habe ich den Eindruck. Bei mir war neulich ein sympathischer Redakteur von „Swiss Classic Revue“ zu Besuch, der meinen 924 fotografierte (für die Kaufberatung in der aktuellen August-Ausgabe).
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Danke 🙂
Ok, dann muss ich mir das Heft noch besorgen!
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Der 924 ist ein schönes Auto, wobei ich die Scheinwerfer des 928 einfach zum verlieben finde😍. Ich weiss die Froschaugen sind nicht jedermanns Geschmack aber mir gefällt es. Schade gibt es für viele nur den 911’er, denn die verpassen etwas.
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Da geb ich Euch absolut recht. Was mich mal reizen würde als Vergleich, wäre ein 924S bzw. 944, das wäre ja dann die Steigerung betreffend Drehmomentmotor 🙂
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Was spricht den eigentlich für den Kauf eines 924 …? Eine wesentliche Eigenschaft, die den anderen beiden genannten Fahrzeugen fehlt. Die richtige angetriebene Achse! 🙂
Am Klang kann man einen frühen 924 kaum erkennen. Zu verwechselbar ist er mit einem VW LT, mit dem er sich auch den Motor teilt. In heutigen Zeiten turboaufgeladener Hochdrehzahlmotoren kennt man gar nicht mehr das Gefühl eines schönen Drehmomentmotors, der unaufgeregt aber nachdrücklich sein Werk verrichtet. BMW eta lässt grüßen.
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…und ausgerechnet ich als Turbofan habe mir diesen, meinen ersten heckgetriebenen, Sauger geleistet. Warum nicht den 924 Turbo? War mir zu heikel als erster Youngtimer. Ausserdem hat man noch eine Family am Tropf. So kam dieses wunderschön designte Auto auch aus Vernunftgründen zu mir. Gibt es einen zeitloser aussehenden Sportwagen? Ich „erschrecke“ jedesmal nach beim abfahren, wie schön alt er sich schon anfühlt…
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