Kilometerfresser gegen Standuhr, Audi 100 gegen A6, was ist der bessere Kauf?

Es ist mit dem C4 wie mit schwierigen Kindern, Schuld an den Problemen die man mit ihnen hat, sind nicht sie sondern ihre Eltern. Im Alter hat man mit dem Audi auch da und dort Probleme wie mit jedem anderen älteren Auto auch. Aber die Eltern (Audi NSU AG) mögen ihr Kind nicht und bieten nur noch ein beschränktes Sortiment an Ersatzteilen.

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Das ist schade, handelt sich bei dem Audi 100/A6 doch um das in grossen Stückzahlen gefertigte „Schlachtschiff“ der 90er Jahre von Audi. Kunden welche den cW-Weltmeister Audi 100/200 C3/typ44 fuhren, wurden damit noch nicht wirklich verschreckt, es war ein komfortabel bis sportlich zu fahrendes Auto, irgendwo zwischen BMW und Mercedes. Der wirkliche Stilbruch hin zur Moderne geschah beim Wechsel vom C4 zum C5.

Audi war zu dieser Zeit schon fast Premium, die Verarbeitung der Karosse war jedenfalls schon deutlich besser als beim Stern und dank Vollverzinkung mindestens auf Augenhöhe mit BMW.

In diesem Kurzbericht vergleichen wir einen fast jungfräulichen Audi 100 2.8 quattro gegen einen gut (ver/ge)brauchten etwas neueren Audi A6 2.8 30V quattro. Trotz des Namenswechsel gelten beide als Audis obere Mittelklasse, der A6 löst 1995 den Audi 100 ab und erfährt ein leichtes Facelift. Welcher der Schönere ist, liegt im Auge des Betrachters, jedenfalls erhält der A6 schicke Chromumrandungen um die Armaturen.

Audi 100

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Audi A6

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Im Vergleich ist der 30V deutlich giftiger, der Sound tiefer und sportlicher. Die Automatik des A6 ist bereits selbst lernend und passt sich dem Fahrstil an. Zumindest in der Theorie ist das eine feine Sache. Der Audi 100 greift noch auf einen „Sport-Knopf“ zurück, wenn dieser nicht betätigt wird, fallen die Schaltvorgänge so aus, wie sich das der etwas wohlbeleibte 68jährige Hansruedi eben wünscht. Sie sehen, ich bediene bereits ein Klischee, allerdings wird dieses tagtäglich mit den verbleibenden C4 bestätigt. Die Hauptfahrerschaft ist eher älteren Jahrgangs, das allerdings spricht für den Pflegezustand der angebotenen Exemplare zumindest in der Schweiz. Der 12V hat aber einen grossen Vorteil, er läuft viel zuverlässiger. Die 30V kränkeln unter diversen Kinderkrankheiten. Die Rabeneltern hat das nie gross gestört, schliesslich stand ja der Nachfolger bereits in den Startlöchern, was soll man sich da noch mit dem aktuellen Kind und seinen Kinderkrankheiten beschäftigen? Die 30V von 1996 dürfen Sie nie umparkieren. Warum nicht? Ganz einfach, er springt danach nicht mehr an, er versäuft wie ein alter Kneipenbruder und fällt danach ins Koma. Wer meint, er kenne das von einem Vergaserwagen aus der Jugend… kein Vergleich, die Zündkerzen müssen danach rausgeschraubt werden und ein Handauflegen eines Gurus kann dazu auch nicht schaden. Vielleicht läuft er dann wieder.

Im direkten Vergleich haben die Kilometer (255’000 gegen 100’000) am Innenraum keinen Schaden hinterlassen. Dieser ist noch von der robusten Sorte. Später verwendete man bei Audi Softlack im Cockpitbereich; super hübsch für die Etepetete-Kundschaft, welche den Hobel nach einem Jahr in Zahlung gibt. Alle folgenden Besitzer haben selbst bei penibelster Pflege immer einen wunderbar verbrauchten Innenraum. Die Kilometer sind hingegen am Fahrwerk und am Ölverbrauch im Vergleich deutlich spürbar, leider ist hier von der Langlebigkeit der 5 Zylindermodelle nicht mehr viel übrig. Der Autor besass in seiner Jugend einen Audi 100 S4 2.2 mit dem Turbo-5-Zylinder, dieser hatte trotz damals 235’000km keinen messbaren Ölverbrauch. (Dieses Auto steht heute zum Verkauf; siehe Link)

Die beiden Fotomodelle vor dem „blauen Aff“ in Affeltrangen TG, Seriösität bringen die Autos genug mit, reicht sogar noch für den Hintergrund 🙂

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bequemes Gestühl auch im Fond, der Veloursstoff ist bequem und gleichzeitig langlebig

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Grundsätzlich ist ein Audi C4 weiterhin eine gute Kaufempfehlung, Rost ist auch beim „high-mileage“ Exemplar kein Thema. Die Ersatzteillage reicht in der Regel noch für die wichtigen Verschleissteile. Das Fahrgefühl und der hochwertige und dank grosser Fensterflächen lichtdurchflutete Innenraum machen aus ihm bis heute eine Reiselimousine der ersten Wahl. Empfehlenswert sind aus Sicht des Autors folgende Motoren:

2.3E, der Fünfzylinder-Saugermotor mit 133 PS, der sparsame kleine Gleiter

2.8E 12V V6-Motor mit 174 PS, immer genug motorisiert und doch nicht zu durstig

2.2 20V Fünfzylinder-Turbomotor im S4 mit 230PS,  Audifahren alter Schule

4.2 32V V8-Motor mit 290PS, er verbindet schönen Sound mit wunderbarer Durchzugskraft

Langweilig wie die Nacht aber zuverlässig soll der 2.6E sein, der kleine V6 mit 150PS. Die TDIs sind sicher auch eine feine Wahl in der Schweiz, aber in Deutschland hat man damit alle Chancen ein Gutmensch zu werden versiebt. 🙂

Ob es ein Quattro sein soll, bestimmt die Wohnlage oder der Fahrspass des Fahrers. Zwingend ist er auf keinen Fall. Und ob man besser zum 100er oder zum A6 greift sollte das Angebot bestimmen. Man sagt dem A6 eine etwas schlechtere Rostvorsorge nach, welche ich allerdings selbst bei meinem Modell nicht bestätigen kann. Zum Schluss bleibt mir nur der Titel der VAG-Hauszeitschrift zu wünschen: Gute Fahrt!

Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem C4? Was haben Sie mit dem C4 erlebt? -> Kommentare sind immer willkommen

11 Gedanken zu “Kilometerfresser gegen Standuhr, Audi 100 gegen A6, was ist der bessere Kauf?

  1. Ich finde den Bericht sehr gut gelungen bitte mehr davon.
    Ich stimme dir da auch zu ich finde den C4 sehr schön und gut und hatte selber mal so einen allerdings kenne ich mich sonst nicht so gut mit Autos aus und gehe meist nach dem aussehen ;D
    Aber wenn ich hier gerade ein paar auto Spezialisten da habe hätte ich eine frage woher sind die Kotflügel bei dem 100er? den ich hatte gestern einen Unfall und dabei ist einer kaputt gegangen und ich brauche einen neuen wenn jemand hier einen tipp hat wo man gut Kotflügel bestellen kann wäre das super.
    Danke für die Antworten!

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  2. Rost ist bekanntlich wirklich ein Thema. Bei meinen zum Glück nicht. undichte Schiebedächer sind auch noch erwähnenswert.
    „Umparkieren“ kann ich meinen allerdings durchaus auch häufiger, ohne das er versäuft. Wenn er das tut spricht es für eine schlechte batterie oder mangelhafte Kompression durch verkokte Einspritzventile. Hier muss man ganz klar sagen, das der 30V für die Autobahn gemacht ist und Stadtverkehr und Kurzstrecken mit „Frustbesäufnis“ quittiert und später eben diese Ausfälle zeigt.
    Im Vergleich zu meinem 200 20V ist der 30V dank Servotronic flinker und „moderner“, aber längst nicht so brachial. Trotzdem: Beides gute Autos, die es zu behalten lohnt, wenn man sie artgerecht bewegt.

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    • Hallo Eiswolf
      Da hast Du sicher recht, der Vorbesitzer meines 30Vs brauchte ihn für viele Kurzstrecken im Dorf. Da reichte wohl auch nicht, dass ich ihn seit 2013 nur auf Langstrecke bewege.

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  3. Interessant welche kontroversen Ansichten hier geteilt werden. Zum Thema Rost (aka. Rohbaubeanstandung) kann ich schon mal einen Artikel zur Baureihe 210 von Mercedes ankündigen. Da werden alle Korrosionsthemen des C4 ganz schnell zu Kleinigkeiten. 😉

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  4. Diesem Bericht kann ich mich nicht anschließen. Altherren-Garagenfahrzeuge sind immer unproblematisch. 105000 km da lachen ja die Hühner.
    Gerade die V6-quattros können Wartungstechnisch ganz schnell zu einer Katastrophe werden.

    Nichts desto trotzt mag ich meinen C4-Avant quattro für viele andere Dinge und der Karren macht einfach Spaß 🙂

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  5. Zum Thema Rost: In der Schweiz hab ich bisher noch kein wirklich rostendes Exemplar gesehen! Wenn dann nur bei Endverbraucher-Auto’s mit über 500’000 km (und die auch nicht live, sondern nur auf Bildern im Internet). Mein ehemaliger A6 C4 Avant hatte leichten Rost an der rechten Motorhaubenkante und an der Heckklappe (der gleichzeitig gefahrene B4 Avant – obwohl 4 Jahre älter und mit mehr km – hatte da nichts). Zu den V6 Motoren: Der 2,6er ist wirklich problemlos (hatte schon mehrere davon in Typ 89, B4 und C4). Beim 2,8er ziehe ich den 12V jederzeit dem 30V vor, der 30V ist mir einfach zu brummig! Und eine Standuhr ist mein 100er hier im Bericht auch nicht: In seinen ersten 20 Lebensjahren machte er zwar erst 80’000 km, aber in den 2,5 Folgejahren dann auch schon wieder (Stand heute) 25’000 km. Er wird nicht geschont… 😉

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  6. Wie BG schon sagte, der Rost ist enorm bei Modellen am 92. Hier entfiel ein Teil des Karosseriekits und der Konservierung.
    Motorhauben, Türen, Kotflügel und Kofferraumdeckel rosten unverhinderbar wie auch die Bodengruppe im Heck. Letztere läst sich aber recht gut behandeln.
    Problematisch sind die Stahlblech Tanks die gerne dank Rost leckschlagen.
    Bei den V6 Motoren sind Krümmer und Kopfdichtung ein Wunder Punkt wie die Nockenwellen die gerne fresse .
    Bei Bi-Kat Version sind die Kats sehr anfällig.
    Aber, die Empfehlung zum C4 ist korrekt. Ein dankbares solides Auto.

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  7. „Rost ist auch beim “high-mileage” Exemplar kein Thema“ => diese Aussage geht an der Realität aber definitiv vorbei. Rost war beim Typ 44 zumindestens kein dramatisches Thema – beim C4 tut man sich mittlerweile richtig schwer Exemplare zu finden die noch nicht nicht an- oder schon durchgerostete Kotflügel haben, Avant-Heckklappen gammeln auch munter vor sich hin. In dieser Disziplin war der Vorgänger gemessen am Alter deutlich besser !

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