Amerikanische Muskelautos Teil 1 – von 2010341a

Hier folgt bereits der nächste Ghostwriter mit seinem Erstlingswerk. Ich möchte Ihnen „2010341a“ vorstellen, aufmerksame Leser kennen ihn bereits von diversen Kommentaren auf dieser Seite. Der Deutsche Kraftfahrzeugingenieur wird uns in Zukunft auch auf dieser Seite begleiten. Wir beginnen mit seinen Gedanken zu amerikanischen Muskelautos, landläufig auch neudeutsch „muscle cars“ genannt.

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Auf den ersten Blick werden amerikanischen Kraftfahrzeugen, egal welcher Epoche die Attribute, Agiltät, Wirtschaftlichkeit und – mit europäischen Maßstäben gemessen – Vernunft abgesprochen. Von einzelnen Ausnahmen einmal abgesehen. Nähern wir uns einmal den einzelnen Punkten neutral (der aufmerksame Eidgenosse fühlt sich jetzt angesprochen) und objektiv. Zur Einstimmung auf das Thema, sollen ein paar Fotografien die Diskussionsobjekte illustrieren:

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Bildunterschrift: Dodge bewies mit dem 1968 Charger seine Luftfahrkompetenz, der abgebildete Volkswagen ist nicht von weiterem Interesse

Agilität!? Was verbinden wir im Hinblick auf motorisierte Fortbewegung damit? Ist es ein kleiner britischer oder italienischer Sportwagen, der flink auf Lenkbefehle reagiert? Oder verstehen wir darunter ein Fahrzeug, welches wie das sprichwörtliche Brett auf der Straße liegt und auch genau so komfortabel ist? Beim ersten Punkt wird gerne vergessen, dass nur der ungeübte Motorist glaubt alleine durch Bewegungen des Lenkrades die Fahrtrichtung vorgeben zu können. Hier haben die hochgeschätzten Kollegen der amerikanischen Ingenieurszunft einen Schritt weiter gedacht und bereits vor Jahrzehnten erkannt, dass ihre Fahrzeuge für eine ganz andere Zielgruppe gedacht sind. Mit ein wenig Übung versteht der Fahrer das Fahrpedal geschickt und präzise einzusetzen wenn durch das Drehen des Lenkrades nicht die gewünschte Fahrtrichtung erreicht wird. Bereits das behutsame Niedertreten des üblicherweise Gaspedal genannten Steuerungsmittels öffnet die Drosselklappe und lässt mehr Frischluft in Richtung Kraftstoffzerstäubungsvorrichtung (landläufig auch als Vergaser bekannt) strömen. Das brennbare Gemisch breitet sich in acht wohldimensionierten Brennkammern aus. Abweichende Brennkammerzahlen sind kaum bekannt und deuten häufig auf einen Konstruktionsfehler hin. Durch die geschickte Proportionierung des Linearrotationsbewegungswandlers (auch als Kurbelwelle bekannt) wird bereits bei niedrigen Drehzahlen eine große Kraft auf den beschriebenen Wandler ausgeübt, der wiederum eine Menge an Drehmoment in den Antriebstrang schickt, mit der die Kraftübertragungsvorrichtung zur Straße überfordert wird. Dem Laien scheint dies einer schlechten Auslegung geschuldet zu sein – dem ist aber keineswegs so! Der geschickt niedrig gewählte Reibwert zwischen Reifen und Straße führt sehr schnell zum Verlassen des Kamm’schen Reibkreises.

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Kamm’scher Reibkreis

Der gewünschte Effekt tritt ein und die Hinterachse unterstützt den Lenkvorgang. Angetriebene Vorderachsen können niemals den gleichen Effekt erzielen und sind deswegen seit Jahrzehnten geächtet. Fahrer dieser Fahrzeuge müssen sich damit begnügen, dass ihnen zur Richtungsbestimmung lediglich das Lenkrad bleibt. Versucht man die Antriebsachse bei einem Frontangetrieben Fahrzeug zur Richtungsbeeinflussung durch oben beschriebene Prozedur zu unterstützen, führt dies unweigerlich zur beschleunigten Geradeausfahrt (auch in Kurven) und zum Verlassen der Fahrbahn.

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Praktische Demonstration der Lenkunterstützung durch teilweisen Haftungsverlust an der Antriebsachse

Das Brett auf der Straße krankt oft daran, dass der Fahrkomfort sich auch genauso anfühlt. Nach einer längeren Fahrt werden die Insassen alle ihre Lendenwirbel kennen gelernt haben. Aus orthopädischer Sicht kann daher nur eindringlich davor gewarnt werden. Auch hier haben amerikanische Konstrukteure Weitblick bewiesen und gemeinsam mit Medizinern Rücken und gelenkfreundliche Fahrwerke entwickelt. Der Fahrer eines, mit einer solchen Ausstattung versehenen Kraftfahrzeugs profitiert doppelt. Einerseits war bereits vor 50 Jahren absehbar – auch in den USA – dass die öffentliche Hand irgendwann einmal nicht mehr in der Lage sein wird ausreichende Mittel für den Straßenbau bereit zu stellen. Die Folge sind schlechte Fahrbahnoberflächen, die sogenannte Sportfahrwerke schnell an ihre Grenzen führen. Und andererseits bleiben den Mitfahrern langwierige und kostspielige medizinische Behandlungen erspart. In Europa haben außer Citroen und Mercedes-Benz keine Hersteller diesen Verfall der öffentlichen Infrastruktur vorhergesehen und ihre Produkte entsprechend ausgelegt.

Beispiele, wie hervorragend die beschrieben Überlegungen in die Praxis umgesetzt wurden, sind dem nachfolgenden Filmmaterial zu entnehmen.

https://www.youtube.com/watch?v=zbzrxowPjZw

https://www.youtube.com/watch?v=QMWikI9L7T0

Die nächsten Teile der Muskelautobeschreibungen werden sich mit den Themen Wirtschaftlichkeit und – besonders wichtig in der heutigen Zeit – Vernunft beschäftigen. Darüber hinausgehende Themen sind möglich. Alle diese Erläuterungen dienen dem Zweck einer bessere öffentlichen Wahrnehmung und Reputation amerikanischer Kraftfahrzeuge. Vollkommen zu Unrecht stehen diese häufig im Verdacht von Personenkreisen gewisser, gesellschaftlichen Randgruppen favorisiert zu werden.

 

8 Gedanken zu “Amerikanische Muskelautos Teil 1 – von 2010341a

  1. Überhaupt sind die Einheiten „Liter/pro 100Km“ oder „Miles per gallon“ etc. unzulänglich. Viel gescheiter wäre es, die Anzahl „Daumen hoch“ oder „Lächeln“ oder „So einen hatte ich auch mal“ pro Kilometer (oder noch besser Zeiteinheit, denn Langsamkeit ist ja bei solchen Objekten eine Tugend) zu messen. Dann, meine Lieben, würden unsere Autos mit Emotion richtig punkten!

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    • Es freut mich sehr, dass meine Überlegungen bei euch so gut ankommen. *daumenhoch* Konstruktionsfehler liegen in der Regel bei Motoren aus Stuttgarter (genauer Zuffenhausener) Produktion tatsächlich selten vor. Diese Aussage bezog sich ausdrücklich auf amerikanische Handelsware. 🙂

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      • Selbst beim Anderen etwas günstigeren Stuttgarter Kraftdroschkenanbieter aus Sindelfingen liegen selten Konstruktionsfehler seitens der Technik vor. Dort leidet man eher zeitweise an Geschmacksverirrung in der Gestaltungsabteilung.

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  2. Das mit der Benzinkostendiskussion stimmt leider. Da fährt man einen (absolut NICHT fehlkonstruierten) Sechszylinder aus Stuttgart und bekommt zu hören wie umweltschädlich der doch sei. Dass das Auto in den letzen 34 Jahren wahrscheinlich mehr Energie eingespart hat, weil es nicht 5 mal eingeschmolzen und neu produziert wurde, als es jemals an Benzin verfahren kann, wird einfach ignoriert oder, was ich eher vermute, aus Unwissenheit über den Produktionsprozess eines Autos nicht bedacht. Und der Strom für die Elektroautos (von denen ich durchaus ein Fan bin) kommt doch aus der Steckdose und nicht vom stinkenden Kohlekraftwerk. Wie Marcrudin schon gesagt hat: gefährliches Halbwissen gepaart mit Möchtegern-grün und gewürtz mit einer guten Prise Sozialneid: „Wie kannst Du Dir so einen Oldtimer leisten“? – Ganz einfach: weil ich es will.

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  3. Ein guter und auch amüsanter Beitrag 🙂
    Zu den kommenden Themen Wirtschaftlichkeit, Vernunft etc. kann ich wohl schon bald ein Liedchen singen. Immer das ständige „der säuft doch bestimmt viel“, „der ist viel zu breit für unsere Strassen“. Alles quatsch, aber ja, sollen die lieber Prius fahren, ist mir schon recht :D.

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    • Du sprichst mir aus dem Herzen 🙂 Wem so ein Ami zu breit ist, soll erstmal das Fahren lernen 😉
      Die Benzindiskussion bietet Grünen und Trendgrünen endlich eine Gelegenheit, etwas Halbwissen und Neid unters Volk zu bringen.

      Ihr extra für sie produzierter Neuwagen ist selbstverständlich ressourcenfrei produziert worden. 😉
      Das alte Amischiff, welches sporadisch mal bewegt wird, bringt Knut und seine Freunde natürlich in arge Bedrängnis.

      Dafür werden nachhaltige Mitbürger jetzt Ihren Prius in Deutschland mit atomfreiem Kohlestrom auftanken 🙂

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      • Ja genau. Sonderbar ist ja auch, dass auch Nicht-Amis, wie beispielsweise ein neuer VW Transporter (T5) mit seinen Fahrzeugdimensionen schnell mal so manchen Ami übertrifft. Selbst wenn dort vier Insassen drin sind, macht das das Fahrzeug nicht kleiner und nicht wesentlich sparsamer. Aber über solche Autos wird dann sinngemäss nicht gemotzt, weil er wohl in den Augen solcher Trendgrünen eben nicht als protzig erscheint. Fährt man einen Ami, den man, im Vergleich zu so mancher „downgesizter“ Karre, problemlos in tiefen Drehzahlen sparsam bewegen kann, interessiert das dann niemanden. Auch so was sonderbares: Die Blumentöpfe und Überfahrschwellen, die man zunehmend in Quartieren findet, sollen angeblich für „bessere Lebensqualität“ sorgen, wie das so schön im Fachjargon der Grünen heisst, doch in Wirklichkeit sind sie aufgrund des durch sie verursachten Stop-And-Go-Verkehrs kontraproduktiv, d.h. Verbrauch und Lärm steigen, aber das scheinen diese Deppen auch nicht zu begreifen. So, jetzt bin ich wieder mal abgeschweift.

        Zum Thema Elektroautos: Gut gemeint, aber bedenkt man nebst der Energieproduktion aus meist nicht erneuerbaren Energien noch die Herstellung der Akkus, dann frage ich mich echt, was daran umwelttechnisch gut sein sollte. Aber eben, ich schätze mal, bei den Unwissenden fährt dann einfach das verfälschte gute Gewissen mit, und selbst die Leute vom Verhinderungs-Club Schweiz (VCS) listen dann solche Mühlen in ihrer irrelevanten Umweltliste auf. So, jetzt wird’s langsam zu politisch hier. :-O

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